LÄNDERMONITOR BERUFLICHE BILDUNG 2019 : Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt verschärfen sich

19. September 2019 // Hannes Reinhardt

In Deutschland finden Ausbildungsbewerber*innen und Betriebe immer schwieriger zueinander. Das zeigt der aktuelle Ländermonitor berufliche Bildung, ein Forschungsprojekt des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen (SOFI) zusammen mit der Abteilung für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung der Universität Göttingen unter Förderung der Bertelsmann-Stiftung.

Bild: Bertelsmann Stiftung
Bild: Bertelsmann Stiftung

zwd Göttingen/Gütersloh. Demnach konnten vor zehn Jahren rund 17.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden, obwohl es noch 93.000 unvermittelte Bewerber*innen gab. 2018 standen fast 58.000 unbesetzten Ausbildungsplätzen noch 78.000 suchende Bewerber*innen gegenüber. Rein rechnerisch hat sich die Situation für Ausbildungssuchende somit weiter verbessert. So standen bundesweit 2018 je 100 Bewerber*innen knapp 97 Ausbildungsplätze zur Verfügung, 2016 waren es 94, 2007 sogar nur 85. Zudem stieg 2018 sowohl die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen als auch die Zahl der Ausbildungsanfänger*innen gegenüber dem Vorjahr. Allerdings sind die Ausbildungschancen regional sehr unterschiedlich verteilt. Während in Bayern 100 Bewerber*innen 110 und in Thüringen 105 Ausbildungsstellen gegenüberstehen, sind es in Berlin gerade einmal 86.

Vor allem im Lebensmittelhandwerk und in der Gastronomie fehlen Bewerber*innen

Das als „Passungsproblem“ bezeichnete Phänomen, dass gleichzeitig unbesetzte Ausbildungsstellen und unversorgte Bewerber*innen auftreten, tritt immer häufiger auf. Die Gründe dafür sind laut der Studie vielfältig. Teils gibt es interessierte Jugendliche für die angebotenen Ausbildungsplätze, aber es wird kein Ausbildungsvertrag geschlossen, weil der Betrieb die Bewerber*innen nicht für geeignet hält oder die Jugendlichen den Betrieb nicht für attraktiv genug halten. So kann in Berlin jeder achte Ausbildungsplatz in den Verkaufsberufen trotz ausreichender Bewerber*innenzahlen nicht besetzt werden. Bei einem Drittel der unbesetzten Stellen liegt das Problem darin, dass es keine Bewerber*innen für den angebotenen Ausbildungsberuf gibt. Dies betrifft besonders Branchen wie das Lebensmittelhandwerk oder das Hotel- und Gastronomiegewerbe. Bei knapp einem Viertel (23 Prozent) der unbesetzten Stellen liegt das Problem in fehlender Mobilität, weil sich Ausbildungsbetriebe und Bewerber*innen in unterschiedlichen Regionen des jeweiligen Bundeslandes befinden. Dies betrifft in besonderem Maße Bayern und Sachsen.

„Gerade kleinere Betriebe brauchen Unterstützung“

„Das deutsche Ausbildungssystem ist ein Zugpferd für die wirtschaftliche Entwicklung. Erfreulicherweise werden wieder mehr Ausbildungsplätze angeboten, doch zu viele davon bleiben unbesetzt“, mahnte Bertelsmann-Vorstand Jörg Dräger. Es sei deshalb wichtig, dafür zu sorgen, dass Betriebe und Jugendliche besser zusammenfinden. Dafür fordert er Lösungen, die den unterschiedlichen regionalen Problemlagen gerecht würden: „Gerade kleine Betriebe brauchen Unterstützung dabei, ihre Stellen zu besetzen.“ Zudem gelte es, so Dräger, in aus Sicht der Jugendlichen unbeliebteren Branchen die Rahmenbedingungen zu verbessern. Hilfreich wäre auch, die Kontakte zwischen Schulen und Betrieben zu intensivieren und so den Übergang zu erleichtern. Mit diesen Maßnahmen könne gleichzeitig die hohe Zahl an Ausbildungsabbrüchen verringert werden.

Der Ländermonitor untersucht Chancengerechtigkeit und Leistungsfähigkeit der beruflichen Bildung in den Bundesländern vergleichend und im Zeitverlauf. Ausgewertet werden Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung, der Bundesagentur für Arbeit und der statistischen Ämter des Bundes und der Länder sowie Dokumente zur Berufsbildungspolitik aus den Bundesländern.

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