„KULTUR WILL WANDEL“ : Rechte Aktivist*innen stören Podiumsdiskussion zu sexueller Belästigung in Film und Fernsehen

20. Februar 2018 // Hannes Reinhardt

Aktivist*innen der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Identitären Bewegung“ haben am Montag eine Podiumsdiskussion zu sexueller Belästigung in der Film- und Fernsehbranche gestört, um gegen Migranten zu hetzen.

Bild: zwd
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zwd Berlin. Die Veranstaltung unter dem Motto „Kultur will Wandel“ musste daraufhin mehrere Minuten lang unterbrochen werden. Mehrere junge Frauen waren aus dem Publikum nach vorne gekommen und hatten auf der Bühne ein Spruchband mit der Aufschrift „Die Stimme der vergessenen Frauen #120dB“ enthüllt. Zeitgleich lösten männliche Aktivisten auf den Rängen einen lauten Taschenalarm aus und warfen Flyer, auf denen „Den Opfern importierter Gewalt eine Stimme geben“ zu lesen war, in die Menge. Unter „Nazis raus“-Sprechchören wurden die Aktivist*innen schließlich aus dem Saal geführt.

Eine Videoaufzeichnung der Störung durch die Aktivist*innen finden Sie hier.

„Müssen über Dinge reden, die nicht okay sind“

Anlässlich der zurzeit stattfindenden Berlinale und der #metoo-Debatte waren die Regisseurin und „ProQuote“-Mitgründerin Barbara Rohm und die Schauspieler*innen Jasmin Tabatabai, Hans-Werner Meyer und Natalia Wörner mit Produzent Michael Lehmann von Studio Hamburg, der stellvertretenden ZDF-Programmdirektorin Heike Hempel und dem Intendanten des Saarländischen Rundfunks, Prof. Thomas Kleist, im „Tipi am Kanzleramt“ zusammengekommen, um über sexuelle Belästigung und Missbrauch in der Film- und Fernsehbranche zu diskutieren. Zuvor hatten die Leiterin der Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Christine Lüders, und Bundesfrauenministerin Katarina Barley (SPD) ein Grußwort gehalten. Während Wörner einen Verhaltenskodex in der Branche als „nicht umsetzbar“ bezeichnete, forderte Tabatabai, man müsse „schon über Dinge reden, die nicht okay sind.“ Die Umstände eines Castings müssten schon im Vorfeld genau festgezurrt werden, betonte auch Meyer. Hempel äußerte sich zurückhaltend: „Es sind Systeme, die geschlossen sind. Die Aufgabe der Auftraggeber ist es, sie offen und durchlässig zu gestalten.“

ZDF kündigt Zahlen zur Geschlechterverteilung an

Ein weiteres Thema war die Präsenz von Frauen in deutschen Medien. Im Fernsehprogramm stehen laut Pro Quote Film (vormals Pro Quote Regie) 33 Prozent Frauen 66 Prozent Männern gegenüber. Nur junge und gut aussehende Frauen im Fernsehen zu zeigen, stimme nicht mit der Realität überein, kritisierte Schauspielerin Wörner. Die stellvertretende ZDF-Programmdirektorin Hempel entgegnete, man mache bereits seit mehreren Jahren ein Monitoring der Zahlen und schaue sich sehr genau an, wie der Anteil an Regisseur*innen für einzelne Sendeplätze sei. „Wir haben für einige Sendeplätze eine Steigerung von fünf bis zehn Prozent pro Jahr, sind also an manchen Stellen nahe der Parität.“ Weitere Zahlen zum internen Monitoring wolle das ZDF Ende des Jahres veröffentlichen.

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