WAHLPRÜFSTEINE DER ARBEITSKAMMER : Saarlands Parteien unter der Lupe: Geschlechtergleichstellung, Bildungsfreistellung, Strukturwandel

15. März 2022 // Valeria Forshayt

Anlässlich der anstehenden 17. Landtagswahlen im Saarland am 27. März hat die Arbeitskammer des Saarlandes acht kritische Fragen an die Parteien gestellt, um zu überprüfen, welche Ansätze und Lösungen sie zu aktuellen Problemen vertreten. Die zwd-Redaktion hat drei dieser Fragen zu bildungs- und frauenpolitischen Themen aufgegriffen.

Wahlzettel Quelle: Pixabay
Wahlzettel Quelle: Pixabay

1. Wie wollen Sie die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, aber auch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft unterstützen, um Strukturwandel und Transformation im Saarland voranzubringen?

CDU: Wir werden die Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei ihrer Aufgabe der Verflechtung der Wissenschaft in und mit der Gesellschaft weiterhin unterstützen. Wir sehen die Universität hier als einen wichtigen Faktor zur gesamtgesellschaftlichen Weiterentwicklung, als Impulsgeber und Vordenker. Um den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu stärken, starten wir als CDU Saar eine Gründeroffensive für unsere saarländischen Hochschulen, um deren bisherige Leistungen in diesem Bereich zu verbessern. Den Grundstein für zusätzlichen Schwung hierfür haben wir mit dem Innovation Center gelegt, mit dem auf dem Campus der Uni eine einzigartige Plattform entsteht, die neue Möglichkeiten der Vernetzung von Wissenschaft, Gründerteams und Wirtschaft bietet.

SPD: Wir investieren 20 Million Euro in den CISPA Innovation Campus. Durch koordinierte Förderung branchenspezifischer Cluster zwischen Wirtschaft und Wissenschaft als Orte von Vernetzung, Beratung und Ideenaustausch werden wir dafür sorgen, dass saarländische Ideen auch im Saarland in Serie gehen. Unternehmen und Hochschulen werden dabei durch das Transformationsnetzwerk unterstützt, sich zu vernetzen und gemeinsam Förderanträge zu stellen. Anwendungsorientierte Forschungseinrichtungen und -projekte, um die Gestaltungskompetenz der Unternehmen und ihrer Beschäftigten zu fördern, stärken wir. Wir fördern Ansätze von Open Science, Bürger:innenwissenschaften, Public Outreach und die Zusammenarbeit der Hochschulen mit außeruniversitären Partner:innen

Linke: Transformation gelingt nur mit den Beschäftigten und nicht gegen sie. Zigtausende Arbeitsplätze hängen davon ab. Die Sorgen sind groß und es braucht Stahl, Automobil- und Zuliefererindustrie mit neuen, nachhaltigen und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen – fair bezahlt, zu guten Bedingungen und mit öffentlichen Investitionen in neue, zukunftsorientierte Produktionsbereiche. Dazu sind mehr Aktivitäten, neue Industrieprojekte und neue Produkte notwendig, um den Beschäftigten Sicherheit zu bieten. Daneben bietet sich die Medizintechnik als Schwerpunkt an, wenn mit gezielten Investitionen Spitzenplätze in ausgewählten Bereichen erlangt werden sollen. Ein Industriefonds könnte den Ausbau dieser Branche vorantreiben.

FDP: Wir Freie Demokraten wollen eine engere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Die Hochschulen sind für ihre Finanzierung auch auf externe Gelder angewiesen, die sie zum Beispiel durch die Kooperation mit Unternehmen generieren können. Gleichzeitig profitieren die Unternehmen von Innovationen, die durch die Forschung an den Hochschulen generiert werden und es können Fachleute direkt akquiriert werden, die dann auch im Saarland bleiben. Deswegen wollen wir das Saarland auch zum Ingenieurs- und IT-Schwerpunkt machen, ohne die anderen Fächer zu vernachlässigen.

Grünen: Förderungen für junge Unternehmen und Gründer*innen müssen ausgebaut werden. Die Hochschulen sollen ihre Expertisen, zum Beispiel aus Ingenieurwissenschaften, Biomedizin oder Informatik heraus, in die Startup-Szene bringen, für neue Projekte klimafreundlicher Technologien, bei Energiegewinnung, -transport und -speicherung, bei fairen Verkehrskonzepten für Stadt und Land, der ressourcenschonenden Landwirtschaft und der flächenorientierten Telekommunikation. Wir wollen die offene Wissenschaft stärken und die Kommunikation zwischen Wissenschaft, Kunst, Politik und Gesellschaft fördern. Hierzu werden wir Reallabore zur Kooperation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft etablieren.

2. Tritt Ihre Partei für die Novellierung des Bildungsfreistellungsgesetzes ein, welches eine deutliche Verbesserung der Inanspruchnahme für Beschäftigte zum Inhalt hat?

CDU: Bildungsfreistellung wird im Saarland für Maßnahmen der beruflichen oder politischen Weiterbildung gewährt. Außerdem ist die Freistellung für den Besuch von Weiterbildungsmaßnahmen zur Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit möglich. Hierdurch wird Beschäftigten im Saarland der Besuch von Weiterbildungsmaßnahmen erleichtert, wodurch die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten erhalten, erweitert und an die zukünftigen beruflichen und arbeitsplatztechnischen Herausforderungen angepasst werden können. Insoweit dient eine solche Maßnahme auch zur Sicherung des jeweiligen Arbeitsplatzes. Eine Novellierung des derzeit gültigen Bildungsfreistellungsgesetzes wird nicht angestrebt

SPD: Das sozialdemokratische Versprechen vom Aufstieg durch Bildung ist untrennbar mit der Weiterbildung und dem lebenslangen Lernen verbunden, das gilt umso mehr im Strukturwandel. Wir wollen, dass alle Arbeitnehmer:innen ein Recht auf Weiterbildung haben und gemeinsam mit Kammern, Unternehmen und Betrieben besser über Weiterbildungsmöglichkeiten informieren – für eine echte Weiterbildungskultur im Saarland. Das Recht auf Bildungsfreistellung soll wieder fünf Tage ohne Einbringen arbeitsfreier Zeit durch die Beschäftigten betragen.

LINKE: Ja. Wir wollen die Änderung und Angleichung des saarländischen Bildungsfreistellungsgesetzes mit einer Anhebung auf fünf Tage Bildungsurlaub ohne Einbringung von Freizeit durch die Beschäftigten.

FDP: Neben dem bereits bestehenden Recht auf Bildungsurlaub sehen wir keine weitere Notwendigkeit für ein solches Gesetz.

GRÜNEN: Ja, wir setzen uns für eine Novelle des saarländischen Bildungsfreistellungsgesetzes nach dem Vorbild von Baden-Württemberg ein. Auch saarländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich zukünftig für fünf Weiterbildungstage entgeltlich freistellen lassen können. Für uns ist es nicht nachvollziehbar, warum es im Saarland lediglich zwei bezahlte Weiterbildungstage gibt und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem dritten Weiterbildungstag für die Hälfte der Zeit immer noch arbeitsfreie Zeit wie Urlaub einbringen müssen. Es ist unverzichtbar, dass die schuliche und berufliche Erstausbildung im Erwachsenenalter fortgesetzt wird.

3. Haben Sie Ideen für eine Gleichstellungsstrategie im Saarland? Und wie wollen Sie quantitativ und qualitativ die Erwerbsbeteiligung der saarländischen Frauen steigern?

CDU: Unser ausgelobtes Ziel ist es, dass Frauen und Männer ihren Lebensentwurf verwirklichen können und Familien- und Erwerbsarbeit partnerschaftlich und gleichberechtigt geteilt werden kann. In der Corona-Krise haben wir erlebt, dass partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit oft daran gescheitert ist, dass Frauen weniger verdienen als ihre Partner und daher den größeren Anteil an Familienarbeit übernommen haben. Auch Führen in Teilzeit muss stärker möglich sein und gelebte Praxis werden. Das wäre ein großer Schritt zu mehr Gleichberechtigung und zur Senkung der Lohnlücke. Ebenfalls wichtige Instrumente zur Gleichstellung sind der Ausbau der Kitaplätze sowie der Ausbau der Ganztagsbetreuungsplätze an Grundschulen sowie an weiterführenden Schulen.

SPD: Wir wollen die Repräsentanz von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen stärken und setzen uns weiterhin für ein Paritätsgesetz ein. Kitabeiträge schaffen wir ab. Auf dem Arbeitsmarkt wollen wir Benachteiligungen abbauen und führen eine Frauenquote für Aufsichtsräte und Vorstände der Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Landes ein. Für diese Unternehmen soll eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen mit mehr als zwei Mitgliedern eingeführt werden. Wir werden eine aktive Frauenförderung betreiben und Frauennetzwerke stärken. Wir werden die Gleichstellungsbeauftragten, die Frauenverbände, die Familienberatungsstellen und die vielen ehrenamtlich Tätigen in ihrer wichtigen Arbeit auch in Zukunft unterstützen.

LINKE: Strategien und Sofortmaßnahmen: Grundgehalt in der Pflege dauerhaft erhöhen; Kurzarbeitsgeld anheben, branchenunabhängiges Mindestkurzarbeitsgeld einführen; Mindestlohn von 13 Euro schaffen; gesetzliche Rentenversicherung zu Versicherung für alle Erwerbstätigen weiterentwickeln, in die alle einzahlen; Anreize für eine gerechtere Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit, berufliches Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit ausbauen; für eine Aufwertung der sozialen Dienstleistungsberufe eintreten; für bessere Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung; mit Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Kammern und Gleichstellungsbeauftragten Konzepte entwickeln, um Arbeitsbedingungen familienfreundlicher auszugestalten.

FDP: Quoten lehnen wir ab. Für uns zählt die Eignung der Person, unabhängig vom Geschlecht. Frauen sollen dieselben Chancen wie Männer bekommen. Unter anderem wollen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Ebenso soll die Bezahlung für die gleiche Leistung angeglichen werden.

GRÜNEN: Wir werden Entscheidungen aller Ressorts auf ihre Geschlechtergerechtigkeit im Rahmen einer Gleichstellungsstrategie für das Saarland überprüfen. Diese muss zentral gesteuert und regelmäßigem Monitoring unterzogen werden. Zudem setzen wir uns dafür ein, den Anteil an Frauen auf allen Entscheidungsebenen zu erhöhen; Parität ist das Ziel, mit der öffentlichen Verwaltung als Vorbild. Wir wollen Programme erarbeiten und weiterentwickeln, die gezielt Frauen den Wiedereinstieg ins Berufsleben ermöglichen. Die bereits existierende Netzwerkstelle Frauen im Beruf mit den dazu gehörigen Beratungsstellen in den Landkreisen müssen dazu verstetigt werden. Um die Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen müssen auch die Betriebe und Unternehmen einbezogen werden.

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