ANHÖRUNG : Sachverständige für Wiedereinführung der Meisterpflicht

26. Juni 2019 // ticker

Die Meisterpflicht soll wieder auf mehr Handwerksberufe ausgedehnt werden. Dafür sprachen sich fast alle Sachverständigen am Mittwoch bei einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie aus. 2004 war die Zahl der Handwerke, für die ein Meisterbrief verpflichtend ist, eingeengt worden.

zwd Berlin. Der Sitzung lagen Anträge der Oppositionsfraktionen zugrunde. Prof. Martin Burgi (Universität München) hob in der Anhörung hervor, dass es nicht um Pauschallösungen gehe, sondern um das jeweils betroffene einzelne Handwerk. Aus europarechtlicher Sicht könne nicht für alle Gewerke wieder die Meisterpflicht vorgegeben werden. Sobald der Gesetzgeber vom Meisterbrieferfordernis überzeugt sei, könnten nach Burgis Ansicht die notwendigen Änderungen in der Handwerksordnung mit vergleichsweise geringem legislatorischem Aufwand in Gang gesetzt werden. Prof. Kilian Bizer (Universität Göttingen) beschrieb als mögliche positive Seiten der Reform von 2004 einen stärkeren Wettbewerb für Verbraucher*innen und eine Erleichterung der Gründungstätigkeit. Negativ sei die Wirkung auf Ausbildung und durchschnittliche Qualifikation der Betriebsinhaber*innen gewesen. Die Wiedereinführung der Meisterpflicht sei eine Maßnahme zur Steigerung der Qualifikationstätigkeit im Handwerk und daher zu befürworten.

Für den Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke ist eine Modernisierung der Handwerksordnung durch die Wiedereinführung der Meisterpflicht weder aus verfassungs- noch aus europarechtlicher Sicht problematisch. Seit der Reform hätten sich die Wirtschaft insgesamt und auch das Handwerk nachhaltig verändert. So sei die Arbeitslosenquote von 10,5 (2003) auf 4,7 Prozent (2018) gesunken. Prof. Justus Haucap (Universität Düsseldorf) wies darauf hin, dass die Bestandfestigkeit von Betrieben mit auch nach 2004 weiter bestehender Meisterbriefpflicht höher sei als in den Handwerken ohne diese Pflicht. In diesen Fällen könnten erst später festgestellte Mängel nicht mehr als Garantieleistung behoben werden. Überdies gingen damit Risiken für Auszubildende einher, die eine mehrjährige Ausbildung anstreben.

Gewerkschaften sehen Deregulierung als Grund für heutigen Fachkräftemangel

Helmut Dittke (IG Metall) sieht in der Deregulierung der Handwerksberufe 2004 einen Grund für den heutigen Fachkräftemangel. Es gelte, jetzt umfassende Lösungsansätze zu erarbeiten, die das Handwerk wieder zukunftsfest machten. Dazu würden mitgliederstarke Gewerkschaften, Innungen und Verbände im Handwerk gebraucht. Der Wettbewerb müsse in Zukunft wieder über die Qualität und nicht über den niedrigsten Preis ausgetragen werden. Der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Prof. Friedrich Hubert Esser, unterstrich, geprüfte Meister im Handwerk seien nicht nur qualifiziert auf eine Existenzgründung vorbereitet. Mit ihrem Handwerk beherrschten sie ein komplexes Wissensgebiet in systematischer Art und Weise. Der Meister sei Garant einer hochwertigen Berufsausbildung in Deutschland, da die Meisterprüfung auch die Ausbildereignungsprüfung beinhalte.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) würde die Wiedereinführung der Meisterpflicht in den jetzt zulassungsfreien Betrieben begrüßen. Doch könne das nur ein Baustein in einem größeren ordnungspolitischen Zusammenhang sein, wie die geladene Vertreterin Anna Dollinger betonte. Dazu zähle die Erhöhung der Tarifbindung. Sie gelte im Handwerk nur noch für 30 Prozent der Beschäftigten.

Lediglich Klaus Holthoff-Frank von der Monopolkommissionon sprach sich in der Anhörung gegen die Wiedereinführung der Meisterpflicht aus. Die beiden wesentlichen Argumente – Sicherung einer hohen Qualität der angebotenen Leistungen und Gewährleistung der Ausbildungsleistung – könnten nicht überzeugen. Es bleibe die Möglichkeit, den Meisterbrief freiwillig zu erwerben, etwa um den Kunden durch die zusätzliche Qualifikation eine besondere Qualität zu signalisieren.

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