BILDUNGSAUSSCHUSS : Sachverständige mahnen Tempo bei der Digitalisierung von Schulen und Universitäten an

19. Oktober 2018 // ticker

Die Digitalisierung in Schulen und Universitäten muss vorangetrieben werden. Das war überwiegend der Tenor beim öffentlichen Fachgespräch zum Thema „Digitalisierung in Schule, Ausbildung und Hochschule“ im Bildungsausschuss des Bundestages am Mittwoch.

Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann
Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann

zwd Berlin. Alexander Classen, Geschäftsführer der Digitalen Hochschule NRW an der FernUniversität Hagen, machte deutlich, dass die Digitalisierung für alle „Leistungsdimensionen“ einer Hochschule von Bedeutung sei. Digitalisierung müsse zum Normalfall der akademischen Wissensvermittlung werden. Die Beurteilungs- und Verwendungsfähigkeit neuer Medien müsse gesteigert werden.

Man dürfe die Fehler der letzten 30 Jahre bei der Digitalisierung im Bildungswesen nicht wiederholen oder fortsetzen. Das mahnte Ira Diethelm an, Didaktik-Professorin der Informatik an der Universität Oldenburg. Deshalb sei es nötig, Digitalisierung in allen Fächern gemeinsam mit dem Leitfach Informatik umzusetzen, Medienpädagogen an Schulen zu etablieren, Schulen nachhaltig und adäquat technisch auszustatten und die Lehrer*innenbildung voranzutreiben. Zudem plädierte sie dafür, das Kooperationsverbot von Bund und Ländern für Forschung und Entwicklung, also auch speziell für die Forschungsförderung, abzuschaffen.

HRK: „Nachhaltigkeit berücksichtigen“

Ziel müsse ein innovatives und zukunftsfähiges Bildungssystem sein, das den großen Herausforderungen im Bildungsbereich nachkomme und bestmögliche Bildungschancen für alle Schülern gewährleiste: Dafür plädierte Prof.´in Birgit Eickelmann von der Universität Paderborn. Investitionen in Bildung und in Schulen sollten auch in Deutschland mehr als bisher als Investitionen in die Zukunft des Landes verstanden werden.

Prof.´in Monika Gross, Vize-Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Präsidentin der Beuth-Hochschule für Technik Berlin, machte deutlich, dass im Bereich der digitalen Lehre aus Sicht der HRK vor allem die Nachhaltigkeit berücksichtigt werden müsse. Vor der Vergabe von einmaligen Mitteln zur Anschubfinanzierung sollten Konzepte erarbeitet werden, wie die etablierten Strukturen auch künftig aus laufenden Haushaltsmitteln und mit vorhandenen Ressourcen aufrechterhalten werden können. Angesichts begrenzter Ressourcen der Hochschulen sollten die geplanten Digitalisierungsvorhaben durch ein angemessenes Verhältnis zwischen der Höhe der eingesetzten Mittel und der Größe der zu erreichenden Zielgruppe gekennzeichnet sein.

„Bildung in der Digitalisierung, nicht um Digitalisierung in der Bildung“

„Der beste Start ins digitale Zeitalter findet ohne Computer statt“, sagte hingegen Prof. Gerald Lembke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Die Aussagen von Politiker*innen, Vertreter*innen der IT-Branche und der Medien klängen so, als ob die Digitalisierung alternativlos sei. Verschiedene Studien hätten ergeben, dass die förderlichsten Punkte für einen guten Unterricht „transparente Leistungserwartung“ (Feedback), „klare Strukturierung und inhaltliche Klarheit der Lerninhalte“ (roter Faden), „Lehrer-Schüler-Verhältnis“ (Lernklima) und „kooperatives Lernen“ (Methodenvielfalt) seien. So zeigten empirische Befunde, dass konkret der Einsatz von Laptops und mobilen Geräten im Unterricht die Lernleistungen nicht verbessere. Unter bestimmten Voraussetzungen komme es sogar zur Verschlechterung der Lernergebnisse. Diese würden bei bestimmten Schüler*innenpersönlichkeiten vor allem durch das hohe Ablenkungs- und Suchtpotenzial eines exzessiven Digitalkonsums determiniert.

Dr. Ekkehard Winter, Mitglied des Forums Bildung Digitalisierung und Geschäftsführer der Deutschen Telekom Stiftung, machte klar: „Es geht um Bildung in der Digitalisierung, nicht um Digitalisierung in der Bildung.“ Es müsse um die Frage gehen, wie sich Bildungsprozesse angesichts des digitalen Wandels verändern und entwickeln – nicht, wie diese digitaler gestaltet werden können. Zudem würden digitale Medien den pädagogischen Handlungsspielraum erweitern und könnten damit zu Bildungsgerechtigkeit beitragen.

Vorlagen zum Fachgespräch waren der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Artikel 104c, 104d, 125c und 143e des Grundgesetzes (Drs. 19/3440), der Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) über „Digitale Medien in der Bildung“ (Drs. 18/9606), die Broschüren „Digitale Innovationen – Neue Dimensionen von Bildung und Wissenschaft erschließen“ und „Berufsbildung 4.0 – den digitalen Wandel gestalten“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie ein Auszug aus dem Berufsbildungsbericht des Ministeriums und die Strategie der Kultusministerkonferenz (KMK) zur „Bildung in der digitalen Welt“.

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