SACHSEN : Schwarz-gelber Koalitionsvertrag ohne Antworten auf Gleichstellungsfragen

29. September 2009 // zwd Dresden (jvo).

Grüne und Linke begrüßen Ernennung von Sabine Irene Freifrau von Schorlemer zur Wissenschaftsministerin

Die Berufung von Sabine Irene Freifrau von Schorlemer an die Spitze des Wissenschaftsministeriums durch Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) ist bei der Opposition auf eine positive Resonanz gestoßen. Den schwarz-gelben Koalitionsvertrag bezeichnete Antje Hermenau, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, indes als „Dokumentation verpasster Chancen“.

„Offensichtlich konnte die FDP die CDU von ihrem antiquierten Familienbild nicht befreien“, kommentierte die Fraktions-Chefin der Grünen den Koalitionsvertrag. Bei der Geschlechterpolitik sieht es ihrem Urteil zufolge besonders „dünn“ aus. Die Koalition spreche davon, „darauf hinzuwirken“ den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Sachsen solle zum familienfreundlichsten Bundesland gemacht werden. Dafür müsste man es aber erst einmal zu einem frauenfreundlichen Land machen, so Hermenau.

Hatte sich die schwarz-rote Regierung Sachsens in der vergangenen Legislaturperiode noch klar zum Prinzip des Gender-Mainstreamings bekannt, gibt es in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP keine Hinweise auf Konzepte zur Frauen- und Gleichstellungspolitik. Die neuen Regierungspartnerinnen belassen es bei der Aussage, für sie sei die Gleichstellung von Mann und Frau „ein wichtiges Anliegen“. Entgeltungleichheit, Frauenarmut oder Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen finden im Vertragstext keine Erwähnung.

Nur zwei Frauen im neuen Kabinett
Auch in der Zusammensetzung des neuen Kabinetts kommt die erklärte Absicht der schwarz-gelben Koalition, den Anteil von Frauen in Führungsposition erhöhen zu wollen, nicht zum Ausdruck. Lediglich zwei Frauen sind in dem neunköpfigen Regierungsteam von Ministerpräsident Tillich vertreten. Die Christdemokratin Christine Clauß bleibt Ministerin für Soziales – und somit weiterhin zuständig für die Frauen- und Gleichstellungspolitik im Land. Von Schorlemer (Parteilos), Professorin für internationale Beziehungen an der TU Dresden, tritt die Nachfolge von Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) an.

Ein "Lichtblick" im neuen Kabinett
Die Besetzung des Wissenschaftsressorts mit von Schorlemer bezeichnete Heinz Gerstenberg, parlamentarischer Geschäftsführer und Vize-Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, als „einen Lichtblick“ im neuen Kabinett Tillichs. Die Ernennung sei so überraschend wie interessant, sagte Gerstenberg. Er verbinde mir ihr die Hoffnung, dass das Ministerium „in hoher Qualität geführt“ werde.

Der Vorsitzende der Links-Fraktion im sächsischen Landtag, André Hahn, stellt ähnlich hohe Erwartungen an die parteilose Ministerin: „Mit der Berufung von Prof. Sabine Freifrau von Schorlemer dürfen wir auf neues Denken im CDU-bestimmten Personal der Staatsregierung hoffen.“

Expertin für internationale Angelegenheiten und kulturelle Vielfalt
Die parteilose, neu vereidigte Staatsministerin Schorlemer gilt als ausgewiesene Expertin für internationale Angelegenheiten und gehörte 2004 und 2005 zu den Mitgliedern der deutschen Regierungsdelegation in internationalen Vertragsverhandlungen für kulturelle Vielfalt. Zugleich ist sie gewähltes Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission und langjährige Beraterin des Auswärtigen Amtes für Politik der Vereinten Nationen. Ihr gelang es, den weltweit ersten UNESCO-Lehrstuhl für „Internationale Beziehungen“ an die TU Dresden einzuwerben.

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