NACH ABTRITT DER KONSERVATIVEN : Spaniens neues Kabinett mit mehr Frauen als Männern

8. Juni 2018 // Sibille Heine

Gleichstellung als zentrales Thema: Spaniens neuer Ministerpräsident Pedro Sanchez hat am Mittwoch sein Kabinett vorgestellt - und dabei überrrascht: Sechs Ministern stehen elf Ministerinnen gegenüber.

Spaniens neue Vizeministerpräsidentin und Ministerin für Gleichstellung Carmen Calvo / Foto: Wikipedia
Spaniens neue Vizeministerpräsidentin und Ministerin für Gleichstellung Carmen Calvo / Foto: Wikipedia

zwd Madrid. Auch wenn Spaniens neuem Regierungschef keine leichte Amtszeit bevorstehen dürfte, so hat er jetzt schon Geschichte geschrieben. Während hierzulande Gleichstellungsbeauftragte die Vergabepraxis von Toppositionen in Ministerien monieren, hat der 46-Jährige PSOE-Politiker soeben die weiblichste Regierung berufen, die Europa jemals gesehen hat. Elf Frauen treffen in wichtigen Spitzenpositionen auf sechs Männer. Sanchez erklärte bei der Vorstellung des neuen Kabinetts, dass seine Regierung einen europafreundlichen Kurs verfolgen und sich für Gleichberechtigung engagieren will.

Frauen auch in "Männerressorts"

Ein Blick auf die von den Frauen bekleideten Ressorts macht deutlich, dass das Thema Gleichstellung in Spanien nicht nur ein Lippenbekenntnis sein soll. Schlüsselressorts wie Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Soziales oder Verteidigung sind in Madrid künftig in Frauenhand. Und auch das zweitwichtigste Amt der stellvertretenden Ministerpräsidentin ist nicht nur von einer Frau bekleidet, Carmen Calvo (PSOE) ist außerdem Ministerin für Gleichstellung. EU-Parlamentsabgeordnete Maria Noichl (SPD), die u.a. Mitglied im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ist, nannte die Besetzung der Ministerien in Spanien aufsehenerregend und außergewöhnlich. "Dass die Ministerin für Gleichstellung gleichzeitig die stellvertretende Regierungschefin ist, bedeutet hoffentlich, dass Gleichstellung für diese Regierung absolute Priorität hat", so Noichl.

Keine Mehrheit im Parlament

Auch im Vergleich zur Vorgängerregierung unter Mariano Rajoy, der Anfang Juni nach einer Korruptionsaffäre und einem anschließenden verlorenen Misstrauensvotum als Ministerpräsident abtreten musste, setzt die neue Regierung Zeichen: Unter der Führung der konservativen Partido Popular (PP) waren von 13 Minister*innenposten nur fünf mit Frauen besetzt. Doch trotz allen Fortschritts dürfte die neue Regierung aus Sozialist*innen und Parteilosen keinen leichten Start haben: Die PSOE verfügt nur über 84 von 350 Parlamentssitzen. Maria Noichl gab zudem zu bedenken: "Für die Zukunft wünsche ich mir Parität. Feministinnen wollen nicht mehr Frauen als Männer, sondern dass beide Geschlechter gleichermaßen in allen Bereichen der Gesellschaft repräsentiert sind und die Zukunft gemeinschaftlich gestalten können," so die Europaabgeordnete.

Folgende Ressort werden künftig von Frauen geführt:

  • Wirtschaft: Nadia Calviño (PSOE)
  • Justiz: Dolores Delgado (parteilos)
  • Verteidigung: Margarita Robles (parteilos)
  • Finanzen: Maria Jesus Montera (PSOE)
  • Arbeit: Magdalena Valerio
  • Industrie: María Reyes Maroto
  • Bildung: Isabell Celaá (PSOE)
  • Umwelt: Teresa Ribera (parteilos)
  • Gesundheit: Carmen Montón (PSOE)
  • Territorialverwaltung: Meritxell Batet (PSC)

Und hier führen die Männer:

  • Außen: Josep Borrell (PSC)
  • Innen: Fernando Grande Marlaska (parteilos)
  • Landwirtschaft: Luis Planas (PSOE)
  • Wissenschaft: Pedro Duque (parteilos)
  • Kultur: Maxim Huerta (parteilos)
  • Öffentliche Förderung: Jose LuisAbalos (PSOE)

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