ZWEITES CORONA-STEUERHILFEGESETZ : SPD: Steuerliche Fördermittel kommen Familien zugute

29. Juni 2020 // Ulrike Günther

Kinderbonus, Entlastung für Alleinerziehende, weniger Mehrwertsteuern: Das Konjunkturprogramm soll gerade auch die finanzielle Situation von Familien verbessern. Mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetz hat der Bundestag mehrheitlich für die zum Beleben der Konjunktur geplanten steuerlichen Erleichterungen gestimmt. Der Bundesrat hat das Gesetz in einer vorgezogenen Sitzung ebenfalls gebilligt.

Mehr Geld im Portemonnaie für Familien. - Bild: Pixnio/ Bicanski
Mehr Geld im Portemonnaie für Familien. - Bild: Pixnio/ Bicanski

zwd Berlin. Laut dem zweiten Steuerhilfegesetz (Drs. 19/20058) in seiner geänderten, vom Parlament heute (29. Juni) angenommenen Fassung (Drs. 19/20332) sollen Familien einen Kinderbonus in Höhe von 300 Euro in zwei Teilen automatisch ausgezahlt bekommen: 200 Euro im September und noch einmal 100 Euro im Oktober. Damit will die Koalition nach eigenen Angaben die Familien unterstützen, die durch die Schutzmaßnahmen in der Krise besonders betroffen sind. Für alleinerziehende Mütter und Väter wird der sog. steuerliche Entlastungsbetrag In den Jahren 2020 bis 2021 von derzeit 1.908 Euro auf 4.008 Euro mehr als verdoppelt.

Gemäß dem Eckpunkte-Papier des Koalitionsausschusses zum Konjunkturpaket (zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete) von Anfang Juni will die Regierung auf diese Weise dem während der Epidemie erhöhten Belastungsaufwand von Alleinerziehenden Rechnung tragen. Darüber hinaus sieht das Gesetz u.a. vor, den Mehrwertsteuersatz für die Dauer von Juli bis einschließlich Dezember 2020 von zurzeit 19 Prozent auf 16 Prozent zu senken. Für das Gesetz stimmten Union und SPD, Grüne und Linke enthielten sich, die übrigen Fraktionen votierten dagegen.

SPD: Kinderbonus ist „sozial gerecht“

Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion bringen die vom Parlament beschlossenen Maßnahmen spürbare finanzielle Verbesserungen für Familien. Der Kinderbonus bedeute „Hilfe für Familien mit Kindern, die diese Hilfen auch tatsächlich brauchen“, betonte der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Bernhard Daldrup in der Debatte. Den Zuschuss erhalten Mütter und Väter für jedes Kind, für das sie in mindestens einem Monat 2020 einen Anspruch auf den Bezug von Kindergeld haben.

Die Sozialdemokrat*innen loben an dem Kindergeldzuschuss, dass dieser „sozial gerecht“ sei. Nach Aussagen ihres familienpolitischen Sprechers Sönke Rix profitieren in erster Linie sozial benachteiligte Familien und Eltern mit mehreren Kindern von dem Bonus. Denn dieser wird weder auf das Arbeitslosengeld (ALG) II angerechnet noch gilt der zusätzliche Betrag beim Beantragen des Kinderzuschlages oder des Wohngeldes als Einkommen. Rund 18,2 Millionen Kinder werden nach Angaben des SPD-Sprechers Daldrup von dem Kinderbonus profitieren.

Vor allem für Familien mit mittleren oder geringen Einkünften wird der Kinderbonus nach Auffassung der SPD von Vorteil sein, da dieser mit dem steuerlichen Freibetrag verrechnet werde. Um den Kinderzuschuss zu finanzieren, muss der Bund insgesamt rund 4,3 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Das im Gesetz festgeschriebene zeitweilige Absenken des Mehrwertsteuersatzes wertet die SPD-Fraktion ebenfalls als Hilfe für Familien, die durch die Krise in finanzielle Engpässe geraten.

Linke: Zweifel an Nutzen der Mehrwertsteuer-Senkung

Während Alexander Dobrindt von der Unionsfraktion sich von der Reduzierung der Mehrwertsteuer einen „Schub“ für die Wirtschaft erhofft, mit mehr Konsum und ökonomischem Wachstum, forderte die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, die Hilfen aus dem Konjunkturpaket müssten „zielgenau und klug“ dorthin geleitet werden, wo sie wirklich gebraucht würden. Für die Absenkung der Mehrwertsteuer als den „teuersten Teil“ der im Gesetz geregelten Konjunkturmaßnahmen bezweifelt die Linksfraktion jedoch ebenso wie die Grünen und die Liberalen, dass das eingesparte Geld bei den Verbraucher*innen ankommt.

Die Linken-Abgeordnete Wagenknecht zitierte europaweite Studien, wonach nur ca. 15 Prozent der aus verringerten Mehrwertsteuern frei werdenden Mittel zu niedrigeren Preisen führen. Demnach würden die Konsument*innen von den für die Finanzierung der Steuersenkung veranschlagten 20 Milliarden Euro faktisch lediglich etwa 3 Milliarden Euro einsparen. Stattdessen hätte man mit demselben finanziellen Aufwand „20 Millionen Familien mit niedrigem Einkommen einen Konsumscheck von 1.000 Euro schicken“ können, warb die Linken-Politikerin für eine Alternative zu dem Regierungsplan, wodurch Benachteiligte mehr unterstützt würden.

Grüne und FDP schlagen weitere Steuersenkungen vor

Das Mitglied im Finanzausschuss Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen) würde sich eher von einem stärkeren Absenken der Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als der Mehrwertsteuer versprechen, dass die Bevölkerung effektiver entlastet würde. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion Christian Dürr hält es ebenso wie Linke und Grüne für fraglich, dass die Gelder aus der Mehrwertsteuer-Senkung wirklich die Menschen erreichen. Er vermutet wie die Linken, dass stärker als die Verbraucher*innen voraussichtlich Großunternehmer*innen, z.B. Online-Händler*innen, davon profitieren werden.

Ähnlich wie die Grünen-Fraktion beanstandete der FDP-Politiker den hohen bürokratischen Aufwand der Steuerregelung. Stattdessen schlagen die Liberalen in einem eigenen Antrag (Drs. 19//20005) vor, die besonders für geringere Einkünfte belastende progressive Einkommenssteuer ebenso wie den Solidaritätszuschlag ab 1. Januar nächsten Jahres ganz abzuschaffen. Der Antrag der FDP, weitere Anträge der Opposition sowie eine Reihe von Änderungs- und Entschließungsanträgen von Grünen, Linken und Liberalen zum gesamten Steuerhilfepaket wurden vom Parlament abgelehnt. In einer Sitzung am Nachmittag billigte auch der Bundesrat (Drs. 370/20) den Entwurf zum Steuerhilfen-Gesetz. Es soll bereits am 1. Juli wirksam werden.

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