FORDERUNGSKATALOG KULTURRAT : SPD und Kulturrat setzen sich für Chancengleichheit im Kulturbereich ein

10. August 2020 // Ulrike Günther

Frauen sind in einer Reihe von Kulturberufen unterrepräsentiert, und sie erhalten nicht überall die gleichen Löhne wie Männer. Der Deutsche Kulturrat (DK) hat einen Forderungskatalog vorgelegt, um im Kultursektor Gleichberechtigung zu verwirklichen. Die SPD-Fraktion sieht gleiche Chancen der Geschlechter als Teil der Gleichstellungsstrategie und möchte für Frauen bessere Bedingungen im Kulturbereich schaffen.

Frauen sind einigen Kulturbereichen noch unterrepräsentiert. - Bild: Pikisl
Frauen sind einigen Kulturbereichen noch unterrepräsentiert. - Bild: Pikisl

zwd Berlin. In seiner heute (10. August) veröffentlichten Stellungnahme hebt der DK die Gleichstellung von Frauen und Männern im Bereich von Kunst und Kultur als übergreifendes Ziel von kulturpolitischem Forschen und Handeln hervor. In Berufen, in welchen Geschlechter benachteiligt seien, müsse die Gleichberechtigung hergestellt werden. Die Chancen auf ein hauptamtliches Ausüben von Kunst sowie künstlerische Entfaltung sollten „für alle Geschlechter gleich groß sein“, heißt es in der Stellungnahme. Als zentralen Hinweis auf das erreichte oder nicht-erreichte ausgewogene Verhältnis der Geschlechter erkennt der DK dabei den Gender Pay Gap. In seinem Forderungskatalog verlangt der Kulturrat, den Zugang zu personenbezogener wie projektspezifischer Förderung geschlechtergerecht zu gestalten.

Der Geschäftsführer des DK Olaf Zimmermann beruft sich auf die 2016 und 2020 erschienenen Studien „Frauen in Kultur und Medien“ sowie „Frauen und Männer im Kulturmarkt“, welche größere Mängel bei der Geschlechtergerechtigkeit nachgewiesen und gezeigt haben, dass Frauen im Kultursektor strukturell benachteiligt sind. Deshalb müsse sich „jetzt etwas ändern“, unterstrich Zimmermann. Gleiche Rechte für die Geschlechter seien nur zu erreichen, wenn Bundesregierung, Parlament, Kulturverbände und Kreativwirtschaft gemeinsam darauf hinwirken würden. Der Forderungskatalog solle dabei als Orientierung dienen. Aus der Studie von 2020 geht u.a. hervor, dass selbständig tätige Künstlerinnen in 24 von 46 beruflichen Bereichen nur zu 24 bis 49 Prozent vertreten sind. Die Untersuchung von 2016 (zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete) hatte insbesondere gezeigt, das Frauen im Kulturbetrieb bei den Gehältern und in Führungspositionen benachteiligt sind.

SPD: Ungleiche Geschlechterverhältnisse im Kulturbereich überwinden

Die SPD-Fraktion knüpft an das im Rahmen der Nationalen Gleichstellungsstrategie formulierte Vorhaben der Koalitionsregierung an, die "gleichberechtigte Präsenz und Teilhabe" von Frauen in der Kultur zu stärken. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Rabanus zitierte in einem Statement vom Montag Statistiken, wonach zwar 75 Prozent der Studierenden der Darstellenden Künste weiblich, jedoch bloß 22 Prozent der Theater von Intendantinnen geleitet werden. Das unausgeglichene Verhältnis im Kulturbetrieb müsse überwunden werden, betonte auch Rabanus. Da Frauen in der Kulturlandschaft „deutlich unterrepräsentiert“ seien, es gleichzeitig aber genug qualifizierte Frauen gebe, „müssen wir Instrumente zur Schaffung von Chancengleichheit etablieren“, erklärte der Kultur-Sprecher. Die Regierung hatte in dem Strategie-Papier auf die fehlende Parität im Kulturbetrieb hingewiesen und neben der bereits laufenden finanziellen Unterstützung für Quoteninitiativen und Projekte u.a. angekündigt, die mediale Wahrnehmung von Frauen zu stärken und Rollenklischees entgegenzuwirken.

Die Arbeitsgruppe Kultur und Medien der Sozialdemokrat*innen möchte nach Angaben von Rabanus mithilfe einer Expertinnen-Datenbank die Beteiligung von qualifizierten Frauen an Kulturveranstaltungen erhöhen und die Vergabe von Fördermitteln an geschlechtergerechte Kriterien koppeln. Wie der DK für öffentlich finanzierte Einrichtungen verlangt auch die SPD-Fraktion, Jurys, Auswahlkommissionen und Gremien paritätisch zu besetzen. Weiterhin schlägt die Arbeitsgruppe der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vor, Daten zur Situation der Frauen im Kulturbereich zu erheben und auf diese Weise die Verhältnisse verlässlich abzubilden.

DK fordert bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Der DK fordert außerdem, bei der Künstlerförderung die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch entsprechende Konditionen zu unterstützen. Um gleiche Einkommenschancen zu gewährleisten und den Gender Pay Gap zu überwinden, sollten nach Ansicht des DK Urheberverbände und Künstler*innen Honorarempfehlungen weiterentwickeln. Kultureinrichtungen und Kreativunternehmen sollten dem Kulturrat zufolge die Gehaltstransparenz z.B. durch zugänglich gemachte, anonymisierte Lohn- und Honorarspannen fördern und die Struktur der Vergütung regelmäßig auf geschlechtsbezogene Ungleichheiten überprüfen.

Laut dem Forderungskatalog hält es der Kulturrat für wichtig, sich auch gegen Vorurteile und stereotype Rollenmuster in Früherziehung und allgemeinbildenden Schulen sowie in außerschulischer Jugendbildung, Studien- und Berufsberatung zu wenden. Demgemäß sollten dem DK zufolge Lehrmaterialien und Lehrpläne auf klischeehafte Rollenbilder hin untersucht und Heranwachsenden Studienfächer und Berufe in Beratungen genderneutral nahegebracht werden.

Kulturrat will Parität an den Hochschulen einführen

Der DK will auch paritätische Verhältnisse an Hochschulen etablieren und dazu Auswahlgremien und Kommissionen stets paritätisch besetzen. Geschlechterspezifische Coachingangebote sollen Verhandlungskompetenzen stärken und gezielte Förderprogramme für mehr Frauen als Professorinnen an Kunst- und Musikhochschulen sorgen. Ebenso müssten aus Sicht des DK öffentlich finanzierte Kulturhäuser und der öffentlich-rechtliche Rundfunk in besonderem Maße der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet sein.

Gleiche Rechte für Frauen und Männer sollten sich nach Auffassung des Kulturrates ebenfalls Kultur- und Medienverbände zur Aufgabe machen. Der DK fordert, dass alle öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen, Kunsthochschulen und Universitäten verpflichtend ein Monitoring sowie eine Evaluation der Fördervergabe, Gremienbesetzungen und Studierendenanteile hinsichtlich der Geschlechtergleichheit durchführen. Zudem sollten Kultur- und Kreativbetriebe die vielfältige Repräsentanz der Geschlechter auf allen Ebenen fördern sowie eine aktive Personalplanung betreiben, die bei der beruflichen Karriere die Lebenslaufphasen berücksichtigt.

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