FORSCHUNG : Technische Universitäten wehren sich gegen "Kuckucksei-Promotionen"

15. Juni 2017 // Hannes Reinhardt

Die führenden TUs in Deutschland haben in einem Positionspapier die Stellung der Hochschulen bei der Betreuung von Doktorand*innen betont.

zwd Aachen (ticker). Die Arbeitsgemeinschaft der Technischen Universitäten (ARGE-TU) hat die Praxis von Promotionsausschreibungen durch zumeist international tätige Firmen kritisiert. Diese betrieben mit dem in Aussicht stellen einer Promotion gezielte Bewerberansprachen. Dabei werde verschleiert, dass die Abnahme der Promotion bei einer Hochschule liegen muss und die Betreuungssituation für den/die Bewerber*in oft ungeklärt ist, mahnte die ARGE-TU am Mittwoch in einem Positionspapier.

„Das Recht zur Promotion liegt - aus guten Gründen - nur bei den Universitäten und den ihnen gleichgestellten Hochschulen und wird von den zuständigen Fakultäten wahrgenommen“, heißt es dort. Befähigte Professor*innen wählten die jeweils Bestgeeigneten aus und vergäben die Promotionsthemen; zudem unterlägen die Promotionsverfahren einer strengen Qualitätssicherung durch die Fakultäten und Hochschulleitungen. Vor diesem Hintergrund sei es „irritierend“, dass in jüngerer Zeit vermehrt Personalmanager das Promotionsversprechen als nützliches Werbeinstrument entdeckt hätten. Mit Geheimhaltungsklauseln versuchten die entsprechenden Firmen zudem häufig, eine Veröffentlichung der für die Dissertationen existentiellen Daten und Quellen zu verhindern, obgleich der Diskurs die Prämisse der Wissenschaft sei, kritisieren die TUs weiter.

Einhaltung klarer Regeln gefordert

„Die ,betreuende‘ Professorin bzw. der ,betreuende‘ Professor befinden sich in einem Zwiespalt zwischen akademischen Vorgaben und der Karriere des betroffenen Promovierenden. Institute, Lehrstühle und Hochschulen, die nicht bereit sind, zu diesen Rahmenbedingungen zu promovieren, werden zudem bei der Vergabe von Drittmittelprojekten ausgegrenzt“, mahnt das Bündnis der führenden Technischen Universitäten.

Die ARGE-TU fordert, insbesondere die folgenden Regeln der „guten wissenschaftlichen Praxis“ einzuhalten:

1. Die Zulassung zur Promotion obliegt rechtlich und tatsächlich allein der das Promotionsverfahren durchführenden Fakultät. Dies betrifft namentlich die Begründung des Doktorandenstatus.

2. Das Thema der Dissertation wird im Einvernehmen von Doktorand*in und Hochschullehrer*in vereinbart und nicht durch externe Partner*innen vorgegeben. Letzteren ist es unbenommen, Themen einer promotionsberechtigten Hochschule bzw. deren Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern zur Bearbeitung in einer Dissertation vorzuschlagen. Die firmenseitige Vergabe von Dissertationsthemen ist rechtlich ebenso wenig tolerabel wie das Ansinnen an die Teilnehmer eines firmeninternen „Promotionsprogramms“, sich Betreuer für firmenseitig vorgegebenen Dissertationsthemen an einer promotionsberechtigten Hochschule zu suchen.

3. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen einer Überprüfung Dritter standhalten; in einer zudem auf Diskurs angelegten Wissenschaft sind Geheimhaltungsverpflichtungen im Hinblick auf eine Dissertation, deren Daten und Fakten, grundsätzlich nicht denkbar.

Die promotionsberechtigten Hochschulen der ARGE-TU seien „nicht bereit, uns sprichwörtlich ,Kuckuckseier‘ in unser Nest legen zu lassen.“ Sie kündigten an, in jedem Einzelfall prüfen zu wollen, ob die Verbindung einer spezifischen Stellenausschreibung mit einem Promotionsversprechen einer Vortäuschung falscher Tatsachen entspeche. Das Bündnis hob hervor, dass Kooperationen mit der Wirtschaft von großer Bedeutung seien, was auch für Promotionen in Kooperation mit der Industrie gelte. Hier müsse jedoch „ausnahmslos“ gelten, dass die Ausschreibung entsprechender Stellen durch die Unternehmen erst im Anschluss an klare Absprachen mit den Hochschulen erfolgen könne.

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