BUNDESRAT : Thüringen und Nordrhein-Westfalen unterstützen Quotengesetz, mahnen aber Nachbesserungen an

5. Februar 2015 // zwd Berlin (sv).

Bundesrat verzichtet auf Stellungnahme zum Gesetzentwurf | BR-Fachausschuss für Frauen und Jugend für 40-Prozent-Quote | Steffens (Grüne): Deutsche Wirtschaft bei Gleichstellungsinnovationen international eher Schlusslicht | Schwesig (SPD): Noch dieses Jahr soll Entgeltgleichheitsgesetz debattiert werden

Der Bundesrat hat auf eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Frauenquote verzichtet. Bei der Beratung am Freitag im Plenum fand der Änderungsvorschlag des federführenden Fachausschüssen für Frauen und Jugend keine Mehrheit. Darin waren eine Beteiligungsquote von Frauen in den Gremien in Höhe von 40 Prozent und eine Reihe weiterer Verbesserungen verlangt worden. Auch ein positives Votum der anderen Fachausschüsse, „keine Einwände gegen den Gesetzentwurf zu erheben“, wurde von der Mehrheit in der Länderkammer nicht unterstützt.

Umfassende Kritik des Fachausschusses "Frauen und Jugend"

In der Begründung zum Antrag des Bundesrats-Frauenausschusses (Drs. 636/1/14) heißt es:

"Der Gesetzentwurf der Bundesregierung begründet die Vorgabe von
Geschlechterquoten insbesondere mit dem Gleichstellungsauftrag aus Artikel 3 Grundgesetz. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist grundsätzlich eine paritätische Beteiligung von je 50 Prozent Frauen und Männern an Aufsichtsräten anzustreben. Zumindest ist angesichts dieser Vorgabe jedoch eine Beteiligungsquote von 40 Prozent notwendig, um den Einfluss des unterrepräsentierten Geschlechts im Aufsichtsrat zur Geltung und die positiven Aspekte gemischter Führungsteams zum Tragen kommen zu lassen.
Ziel des Gesetzentwurfs ist es unter anderem, seitens des Bundes mit gutem Beispiel voranzugehen. Die für die Privatwirtschaft zu fordernde Mindestquote von 40 Prozent ist deshalb als erste Stufe auch im Rahmen des Bundesgremienbesetzungsgesetzes zu verankern."


Der federführende Frauenausschuss des Bundesrates bemängelte in seinem Antrag an das Bundesratsplenum auch, dass der Bund mit der Neuregelung seinen Spielraum bei der Besetzung der weiteren Gremien nicht ausreichend nutze und der "gläsernen Decke" zulasten von Frauen nicht entgegenwirke. Der Frauenausschuss machte sich auch Kernaussagen des "Papier"-Gutachten (des früheren Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hans Jürgen Papier) zueigen und missbilligte die Regelungen des Quotengesetzes zugunsten einer "Männerquote" wörtlich:

"Das Gesetzesziel des Abbaus von Unterrepräsentanz sollte, wie bisher, nur für die Unterrepräsentanz von Frauen gelten. Das Ziel des Abbaus der Unterrepräsentanz von Männern ist nicht durch das Bundesgleichstellungsgesetz zu erreichen. Für eine Bevorzugungsregelung für Männer fehlt es darüber hinaus an dem erforderlichen Nachweis einer strukturellen Diskriminierung in der Vergangenheit."

Schließlich widersprach der Fachausschuss der Begrenzung der Quotenregelung auf ca. 100 börsennotierte Unternehmen. Das sei "nicht sachgerecht".

Schritt in die richtige Richtung

Sowohl die nordrhein-westfälische Ministerin für Emanzipation, Barbara Steffens (Grüne) als auch der Thüringer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Prof. Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), bezeichneten zwar den Gesetzentwurf der Bundesregierung als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Sie mahnten aber Nachbesserungen an.

So wünschte sich Steffens in ihrer Rede vor der Abstimmung vom Bundesrat ein Zeichen, dass eine breitere Lösung benötigt werde. Auch Hoff sprach den Wunsch aus, dass der Bundesrat den Empfehlungen des Ausschusses für Frauen folge. Beide LandespolitikerInnen forderten zudem, dass die Quote bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten für ArbeitnehmerInnen- und ArbeitgeberInnenbänke getrennt gelten sollte und nicht zusammengerechnet werden könne. Trotzdem würden Nordrhein-Westfalen und Thüringen die Zustimmung zu dem von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig und Bundesjustizminister Heiko Maas (beide SPD) vorgelegten Gesetzentwurf nicht verweigern.

Thüringen fordert paritätische Besetzung von Führungsgremien im Öffentlichen Dienst

Die nordrhein-westfälische Ministerin Steffens machte deutlich, dass die deutsche Wirtschaft bei technischen Innovationen weltweit zwar führend sei, in Sachen Gleichstellunsinnovationen fände sie sich jedoch eher als Schlusslicht wieder. Dem Öffentlichen Dienst warf sie vor, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Noch immer würden die Spitzenpositionen vor allem von Männern bekleidet. Hoff forderte daher, dass die Länder gemeinsam mit dem Bund auf eine paritätische Besetzung von Führungsgremien im Öffentlichen Dienst hinwirken sollten.

Schwesig: Entgeltgleichheit steht jetzt auf der Agenda

Bundesfrauenministerin Schwesig verwies in ihrer Rede auf das Jahr 2012, als der Bundesrat mit breitem parteiübergreifendem Beschluss dem Gesetzentwurf zu einer Frauenquote zustimmte. Allerdings scheiterte der Gesetzentwurf damals im Bundestag an der Regierungsmehrheit von CDU/CSU und FDP. Schwesig kündigte zudem das nächste gleichstellungspolitische Projekt an: Noch dieses Jahr solle das Entgeltgleichheitsgesetz debattiert werden. Dreiviertel der berufstätigen Frauen in Deutschland seien der Auffassung, es gehe ungerecht zu in der Arbeitswelt, betonte die Bundesministerin.

In den nächsten Wochen beschäftigen sich die Fachausschüsse im Bundestag mit dem Gesetzentwurf. Am 23. Februar findet eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Frauen und des Rechtsausschusses statt, in der Sachverständige zum Gesetzentwurf befragt werden. Die zweite und dritte Lesung im Bundestag ist für den 6. März geplant.

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