BAYERN : Umstrittenes Förderprogramm für Hebammen- und Geburtshilfe startet

19. Januar 2018 // Rita Schuhmacher

Die bayerische Landesregierung startet in diesem Jahr ein neues Förderprogramm für Hebammen- und Geburtshilfe. Die SPD-Landtagsfraktion sieht die Verantwortung dadurch auf die Schultern der Kommunen abgewälzt und fordert einen detaillierten Bericht über das Programm.

zwd München. Mit einem Gesamtvolumen von 30 Millionen Euro hat das bayerische Kabinett noch Ende 2017 eine bundesweit einmalige Förderung der Geburtshilfe im Freistaat gestartet. Hintergrund ist, dass es in dem Bundesland einerseits viele Ballungsräume, andererseits regelrecht verwaiste Gebiete gebe. Die Geburtshilfe konzentriere sich mehr und mehr auf große Kliniken, bei denen immer häufiger Versorgungsprobleme auftreten, hatte der Deutsche Hebammenverband gemahnt.

Das „Zukunftsprogramm Geburtshilfe“ setzt nun zwei Schwerpunkte. Zum einen sollen Kommunen mit einer Pauschalförderung von 40 Euro für jedes geborene Kind bei der Sicherstellung der Hebammenhilfe unterstützt werden. Zum anderen sollen sie mit rund 25 Millionen Euro jährlich bei der Finanzierung von defizitären Geburtshilfestationen in ländlichen Regionen gefördert werden. Diese Maßnahmen sollen zur Verbesserung und Stärkung der Versorgung mit Hebammenhilfe beitragen.

„Bedarf muss vor Ort geklärt werden“

Doch damit die Gelder wirklich bei den Hebammen ankommen, sei die Mitarbeit der Kolleginnen vor Ort sehr wichtig, wie Susanne Weyherter, zweite Vorsitzende des Bayerischen Hebammen Landesverbands (BHLV) erklärte. „Nur sie können beurteilen, an welcher Stelle die Gelder am sinnvollsten eingesetzt werden.“ Der BHLV geht davon aus, dass der größte Bedarf derzeit in der Wochenbettbetreuung besteht.

Die bayerische SPD-Landtagsfraktion bezeichnete das Programm als „wahllos“ und forderte konkrete und zielführende Maßnahmen an entsprechenden Standorten, die sofort und auch langfristig wirken. Dafür, so die gesundheitspolitische Sprecherin Ruth Waldmann gegenüber dem zwd, müsse man auf valide und zukunftsbezogene Daten zurückgreifen – die gebe es jedoch noch nicht: „Momentan gibt es leider noch keine Datengrundlage. Bundesgesundheitsminister Gröhe stellt sich quer, welche für den Bund zu erheben und die Studie des bayerischen Gesundheitsministeriums zur Situation in der Geburtshilfe ist reichlich spät in Auftrag gegeben worden und liegt noch nicht vor.“ Dementsprechend erscheine der SPD-Gesundheitsexpertin das Zukunftsprogramm noch zu wenig solide und leistungsstark.

„Verantwortung liegt auf Schultern der Kommunen“

Zwar sei es notwendig, den Hebammen und auch Belegärzten attraktive Angebote zu machen, um sie für die Arbeit vor Ort zu gewinnen. Diese Verantwortung übertrage die Staatsregierung mit ihrem Zukunftsprogramm Geburtshilfe jedoch auf die Kommunen, kritisierte Waldmann. Die Frage etwa, wie die Kommunen es schaffen sollen, Hebammen und Belegärzte zu binden und wie die Staatsregierung gewährleisten möchte, dass die Förderung nur für geeignete Maßnahmen zur Personalgewinnung und Personalbindung eingesetzt werden, seien nach Ansicht der Sozialdemokrat*innen noch unbeantwortet.

Die Grünen-Landtagsfraktion kritisierte die Konzentration des Programms auf die Geburtshilfe im ländlichen Raum. "Die Lage in den Städten ist ebenfalls angespannt. Das Personalproblem wird nicht gelöst und das Geld für die Hebammenförderung kommt nicht direkt bei den Hebammen an", erklärte der gesundheitspolitische Sprecher Ulli Leiner auf Anfrage des zwd. Seine Fraktionskollegin, die frauenpolitische Sprecherin Verena Osgyan, mahnte an, bei den Ursachen anzusetzen. Dies müsse insbesondere durch eine Aufwertung der Ausbildung sowie besseren finanziellen Rahmenbedingungen für freie Hebammen und Beleghebammen geschehen.

Der Deutsche Hebammenverband sieht durch das Programm grundsätzlich ein positives Signal gesetzt. Mit den Maßnahmen zeige das Landesgesundheitsministerium, dass es die Schwierigkeiten der Geburtshilfe in Bayern erkannt habe.

Für das neue Förderprogramm fehlt noch die Zustimmung des bayerischen Landtags für den Nachtragshaushalt 2018. Der Bayerische Hebammen Landesverband hält dies jedoch nur für eine Formsache.

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