WELTBEVÖLKERUNGSBERICHT : UN-Appell an Konfliktparteien: Mehr Frauen-Beteiligung an Friedensprozessen

19. Oktober 2010 // zwd Berlin (tag).

Besorgnis über Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt/Besserer Zugang zu reproduktiver Gesundheit angemahnt

Die Vereinten Nationen sind besorgt darüber, dass Vergewaltigungen in bewaffneten Konflikten immer häufiger als Instrument der Kriegsführung eingesetzt werden. Der aktuelle Weltbevölkerungsbericht des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) mache deutlich, wie die durch sexuelle Gewalt erlittenen Traumata weit über das Kriegsende hinaus nachwirken und ganze Gesellschaften destabilisieren können, sagte UNFPA-Verteterin Bettina Maas am 20. Oktober bei der Vorstellung des Berichts in Berlin.

Zehn Jahre nach der UN-Resolution „Frauen, Frieden, Sicherheit“ (Nr. 1325) werde die Dringlichkeit deutlich, sich mit dem Thema zu befassen, mahnte Maas an. Mit der Resolution hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Jahr 2000 erstmals alle Parteien bewaffneter Konflikte aufgefordert, die weibliche Bevölkerung vor sexueller Gewalt besser zu schützen und sie stärker bei Friedensvereinbarungen mit einzubeziehen. Im Weltbevölkerungsbericht werden Länder untersucht, in denen es Konflikte oder Naturkatastrophen gab und die sich auf dem Weg der Stabilisierung befinden: Bosnien-Herzegowina, Liberia, Uganda, Osttimor, die Palästinensischen Autonomiegebiete, Jordanien und Haiti.

Familiäre Unterstützung und internationale Hilfe notwendig
Damit die Betroffenen von sexuellen Gewaltübergriffen wieder ins normale Leben zurückkehren können, ist gesellschaftliche Unterstützung entscheidend: beispielsweise durch die Familie und Freunde, aber auch durch Nichtregierungsorganisationen und internationale Helfer und Helferinnen, die etwa mit psychosozialer und juristischer Betreuung helfen“, so die UNFPA-Vertreterin.

Verlangsamte Fortschritte beim Zugang zu reproduktiver Gesundheit
Bis 2015 soll jeder Mensch Zugang zu reproduktiver Gesundheitsfürsorge haben – das ist eines der Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Der UNFPA-Bericht gelangt indes zu dem Ergebnis, dass sich der Fortschritt bei der Verwirklichung dieses Ziels verlangsamt habe. Da Verhütungsmittel, Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe fehlten, sei das Risiko, bei der Geburt zu sterben, besonders hoch: „Weltweit ereignen sich über 60 Prozent aller Fälle von Müttersterblichkeit in nur zehn Ländern, neun davon befinden sich entweder in einem Krieg oder im Wiederaufbau.“

Nach Informationen von Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, sterben jeden Tag rund Tausend Frauen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder Geburt. Hätten alle Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln und Familienplanung, ist sich Bähr sicher, ließe sich die Müttersterblichkeit um 30 Prozent senken.

Das zur Erstellung des Weltbevölkerungsberichtes hinzugezogene Expertinnen-Team wies auch auf einen starken Zusammenhang zwischen dem Zugang zu reproduktiver Gesundheit und soziodemografischen Faktoren hin. Als „besonders benachteiligt“ werden arme Frauen mit einem niedrigen Bildungsgrad in Entwicklungsländern eingestuft. Diese hätten „einen deutlich schlechteren Zugang zu Verhütungsmitteln und würden häufiger im Teenageralter schwanger als sozial höher gestellte Frauen“.

Erhöhung der Investitionen gefordert
Familienplanung sei eine der wirksamsten Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit von Frauen und Müttern ist, kommentierte Gudrun Kopp, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den UN-Bericht. „Darum wird Deutschland in den kommenden Jahren der selbstbestimmten Familienplanung höchste politische Priorität einräumen und die Finanzmittel in diesem Bereich ab 2011 auf jährlich 80 Millionen Euro verdoppeln“, kündigte Kopp an.



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