AUSWIRKUNGEN DES BREXITS : Vor allem Frauen würden leiden

29. August 2019 // Julia Trippo

Die bevorstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen, die den Brit*innen nach ihrem Austritt aus der europäischen Union bevorstehen, werden sich auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken. Dies geht aus einer Studie hervor, die den wirtschaftlichen Effekt des Brexits auf Frauen untersuchte.

Die britischen Frauenstreikversammlung rief am 24. Juli, dem Tag der Ernennung Boris Johnsons zum neuen Premierminister zu Demonstrationen in London auf. Tausende Frauen und Männer beteiligten sich an den Protesten gegen Johnson und seine Politik. - Foto: twitter/fckboris
Die britischen Frauenstreikversammlung rief am 24. Juli, dem Tag der Ernennung Boris Johnsons zum neuen Premierminister zu Demonstrationen in London auf. Tausende Frauen und Männer beteiligten sich an den Protesten gegen Johnson und seine Politik. - Foto: twitter/fckboris

zwd London. Mit der Ernennung Boris Johnsons zum neuen Premierminister Großbritanniens rückt der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union immer näher. Gegen seinen „rassistische, sexistische und homophobe” Einstellung gingen zehntausend Brit*innen auf die Straße. Mit Johnson als Regierungschef wird auch ein harter Brexit immer wahrscheinlicher. Wie genau sich diese Szenarien auf die Lebensrealitäten der Britinnen auswirken würden, hat die Nichtregierungsorganisation UK Women’s Budget Group (WBG) in einer Studie ermittelt. Da nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, in welcher Form sich der EU-Ausstieg Großbritanniens gestalten wird, ist es der WBG in ihrer Studie nicht möglich, die gesamtwirtschaftliche oder geschlechtsspezifische Auswirkungen in Großbritannien genau vorherzusagen. Allerdings wird von der klaren Mehrzahl der Wirtschaftsexpert*innen eine negative Auswirkung auf das Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei Verlassen der Union prognostiziert. Ein ungeregelter Brexit wäre besonders schädlich und könnte das Vereinigte Königreich regelrecht in eine wirtschaftliche Abwärtsspirale stürzen. Den Voraussagen zufolge könne ein Rückgang des BIPs zwischen 1,5 und 9,5 Prozent erwartet werden, abhängig davon, ob der Brexit geregt oder ungeregelt durchgeführt wird und inwiefern sich die neuen Handelsabkommen der Vereinten Königreiches gestalten. Dies wiederrum hat schwerwiegende Auswirkungen auf Frauen als Arbeiterinnen, Konsumentinnen und Empfängerinnen von Sozialleistungen.

Kürzungen von Sozialleistungen treffen besonders Frauen schwer

Der prognostizierte Rückgang des BIPs kann in Kürzungen der Staatsausgaben resultieren. Laut der Studie werden öffentliche Dienste und die damit verbundene soziale Infrastruktur häufiger von Frauen in Anspruch genommen als von Männern. Da Frauen öfter auf staatliche Hilfe angewiesen sind, würden sich die Folgen des Brexits auf ihre Lebensrealität unverhältnismäßig stark auswirken.

Probleme im Gesundheitssektor

Der Brexit stellt das Vereinigte Königreich vor ein weiteres Problem im Gesundheitsbereich. 77 Prozent von den über zwei Millionen Menschen Beschäftigten sind Frauen. 62.000 Arbeitnehmerinnen stammen nicht aus Großbritannien, sondern kommen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum, der die Freizügigkeit von Arbeitnehmer*innen erlaubt. Ob dieses Recht für sie bestehen bleibt, sobald der Austritt aus der EU vollzogen ist, ist ungewiss. Mit dem Verlassen von nicht-britischem qualifizierten Fachpersonal muss das britische staatliche Gesundheitssystem bereits jetzt zurecht-kommen. Politische Beobachter*innen befürchten, dass diese Probleme sich weiter verschärfen könnten. Dies wiederrum würde eine Kettenreaktion für pflegende Frauen auslösen, die bei zunehmendem Personalengpässe ihre Arbeitszeiten (und somit ihr Gehalt) reduzieren müssten, um unbezahlter Sorgearbeit nachzugehen. Auch Kürzungen von Kinder- oder Pflegegeld würde besonders die Britinnen treffen.

Auswirkungen des Brexits auf Arbeitnehmerinnen

Laut der Studie sind besonders Sektoren, die stark vom Handel mit der EU abhängig sind, anfällig für die zu erwartenden zunehmenden Handelsbarrieren. Dazu gehört die Textil- und Kleidungsindustrie, in der die Mehrheit der Arbeitskräfte Frauen sind. Ebenso unklar ist die Gestaltung der Zukunft des Arbeitsschutzes für die Britinnen. Ein Großteil der Rechtsvorschriften, die sowohl Gleichstellung als auch die Rechte von Frauen am Arbeitsplatz stärken, sind entweder in der europäischen Gesetzgebung verankert oder werden durch sie gestärkt. Es ist unklar, wie sich die Rechtssituation diesbezüglich verändern wird. Obwohl die Gesetze im britischen Recht aufgenommen wurden, könnten diese von der zukünftigen Regierung verändert werden.


(Quellen: Bild links: twitter/fckboris - Bild rechts: twitter/capturedhr)

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