ENTWURF DES KOALITIONSVERTRAGES : Was bringt der Koalitionsvertrag für die Frauenpolitik?

28. Februar 2018 // Dagmar Schlapeit-Beck

Frauenpolitisch betrachtet liegt ein differenziertes Ergebnis vor. Einerseits enthält der Koalitionsvertrag zahlreiche wichtige Reformen und Verbesserungen für Millionen von Frauen, zurück bleiben aber auch empfindliche Leerstellen.

Dr. Dagmar Schlapeit Beck ist beim zwd Chefredakteurin für den Bereich Frauen und Frauengesundheit.
Dr. Dagmar Schlapeit Beck ist beim zwd Chefredakteurin für den Bereich Frauen und Frauengesundheit.

zwd Berlin. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie sowie eine neu zu gründende Bundesstiftung sind frauenpolitisch relevante Weichenstellungen. Maßgebliche Schritte hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind die Kostenbeteiligung des Bundes an den gebührenfreien Kindertagesstätten und der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Vor allem Alleinerziehende profitieren von der Erhöhung und leichteren Inanspruchnahme des Kinderzuschlags, von einem erweiterten anrechnungsfreien Kindergeld sowie von Erleichterungen beim Bildungs- und Teilhabepaket. Ein wirkungsvolles Mittel gegen Kinderarmut ist das jedoch noch nicht. Der Systemwechsel hin zu einer Kindergrundsicherung bleibt aus.

Beim Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit gibt es eine Verständigung auf Betriebe ab 45 Beschäftigten, ein wichtiger Erfolg. Die sachgrundlose Befristung, von der Frauen überproportional betroffen sind, wurde zwar nicht abgeschafft, aber deutlich erschwert. Hingegen fehlt jedoch im Koalitionsvertrag die notwendige Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes zu einem Entgeltgleichheitsgesetz mit Verbandsklagerecht. Auch eine verbindliche Frauenquote für Führungspositionen in den deutschen Unternehmen wurde nicht vereinbart, allerdings eine Quote als Zielvorgabe bis 2025 für den öffentlichen Dienst.

Eine der Stärken des Koalitionsvertrags ist die „Konzertierte Aktion Pflege“: Die Abschaffung des Schulgelds für Ausbildungsstätten, die Zahlung von Ausbildungsvergütungen, Tarifierung und Akademisierung der Care-Berufe, Qualitätsverbesserungen und die Schaffung neuer Stellen werden die Situation in diesem frauendominierten Berufsfeld verbessern, wenn auch nicht entspannen. Frauen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, kommt die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei der Rente zugute. Beim Schutz vor Gewalt bringt uns der Koalitionsvertrag deutlich voran: Die Umsetzung der Istanbul-Konvention, die anonymisierte Beweissicherung bei Gewalt- und Missbrauchsfällen, das Investitionsprogramm für Frauenhäuser und die vorschießende Kostenübernahme beim Frauenhausaufenthalt analog zum Unterhaltsvorschussgesetz sind deutliche Verbesserungen für betroffene Frauen.

Andererseits: Ein echtes Manko im Koalitionsvertrag sind fehlende Ansätze zu einer geschlechtergerechten Steuerpolitik. Nicht ein Schritt wurde hin zur Abschaffung des Ehegattensplittings erreicht, nicht einmal die regelhafte Einführung des Faktorverfahrens.

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