INTERNATIONALER TAG GEGEN MENSCHENHANDEL : Weltweite Kooperation im Kampf gegen Zwangsprostitution und Zwangsarbeit gefordert

15. August 2019 // Ulrike Günther

Zum Tag des Menschenhandels am 30. Juli haben national und weltweit agierende Organisationen dazu aufgerufen, entschlossen und mit vereinten Anstrengungen diese schreckliche Form der Ausbeutung zu bekämpfen.

Demonstration gegen Menschenhandel. - Bild: flickr / Uwe Hiksch
Demonstration gegen Menschenhandel. - Bild: flickr / Uwe Hiksch

zwd Berlin. Handel mit Menschen ist ein global auftretendes Verbrechen, das besonders Armut und Schwäche seiner Opfer oder ihre unsichere Lage in Kriegs- und Krisensituationen ausnutzt. Vor allem Frauen und Kinder sind von dem Phänomen betroffen. Antonio Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), nannte den Menschenhandel in seiner Rede anlässlich des Welttages gegen den Handel mit Personen ein „abscheuliches Verbrechen“. Dem neuesten Globalen Bericht zum Menschenhandel zufolge stellen Frauen und Mädchen beinahe drei Viertel aller entdeckten Opfer dar, insgesamt 30 Prozent sind Kinder. Dieser Anteil habe sich laut Guterres seit 2004 nahezu verdoppelt. Die überwiegende Menge der Opfer von Menschenhandel wird sexuell ausgebeutet, andere werden in die Zwangsarbeit getrieben, als Kindersoldaten rekrutiert oder in anderer Weise missbraucht. Trotz der in vielen Ländern vorhandenen Gesetze zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter müsse noch mehr getan werden, sagte der UN-Generalsekretär, um die internationalen Netzwerke von Menschenhändlern, Schleusern und Terroristengruppen vor Gericht zu stellen, um Opfer zu identifizieren sowie ihnen Maßnahmen des Schutzes und andere Leistungen zugänglich zu machen.

Opfer in Sicherheit bringen und Täter zur Verantwortung ziehen

Auch der Geschäftsführende Direktor des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) Yury Fedotov rief die Regierungen weltweit zum Handeln auf. Sie sollten die Opfer und ihre Rechte schützen und die Täter zur Verantwortung ziehen. Zwischen 2003 und 2016 sei es gelungen, 225.000 Opfer von Menschenhandel ausfindig zu machen. Die Dunkelziffer sei noch weitaus höher, so Fedotov, und die Betroffenen bräuchten Hilfe. Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes (TdF) lenkte zum Tag des Menschenhandels den Blick auf die Kinder, besonders Mädchen. In Deutschland beträgt der Anteil minderjähriger Opfer von Menschenhandel nach Angaben von TdF 20 Prozent. Von diesen würden die meisten sexuell ausgebeutet, 92 Prozent davon seien Mädchen. Der Verein fordert mehr Hilfe für die Mädchen und eine spezielle Schutzeinrichtung für die vom Menschenhandel betroffenen Kinder. Junge Frauen und Mädchen laufen einem von TdF zitierten Evaluationsbericht der Expertengruppe gegen Menschenhandel (GRETA) zufolge in gesteigertem Maße Gefahr, über Internet und soziale Medien Opfer des Frauen- und Mädchenhandels und bis in die Prostitution getrieben zu werden.

In Deutschland jährlich rund 700 Menschen von Zwangsprostitution betroffen

Auch deutsche Politiker*innen nahmen zum Tag des Menschenhandels gegen das weltweit zu beobachtende, für die Opfer häufig mit katastrophalen Folgen verbundene Übel Stellung. Frank Schwabe, menschenrechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, bemerkte dazu, dass in Deutschland jährlich 600 bis 800 Personen von einem auf sexuelle Ausbeutung ausgerichteten Menschenhandel betroffen sind, d.h. zur Prostitution gezwungen werden. Um das Verbrechen wirksamer zu bekämpfen, müsse man nach Ansicht Schwabes die internationale Zusammenarbeit „deutlich ausbauen und intensivieren“. Nur so ließen sich die kriminellen Netzwerke der Menschenhändler zerschlagen. Michael Brand (CDU), Mitglied im Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, der Zwangsprostitution, Zwangsheirat und Ausbeutung von Minderjährigen als besonders gravierende Formen des Handels mit Menschen nennt, forderte seinerseits, Vorsorge, Opferschutz und strafrechtliches Verfolgen der Täter miteinander zu verknüpfen und dringt ebenfalls auf eine verstärkte weltweite Kooperation im Kampf gegen Schleuser und Menschenhändler. Für diese sei der Menschenhandel „besonders lukrativ“, die „Opfer des menschenverachtenden Geschäfts“ könnten immer wieder zum Ziel der Ausbeutung werden, erklärte er.

Angst vor Abschiebung wirkt häufig als Druckmittel im Menschenhandel

Die Linken-Bundestagsfraktion wendet sich derweil in einem Themenpapier zum Menschenhandel gegen Zwangsarbeit, Unterdrückung von Frauen und Kindern. Der illegale Aufenthaltsstatus vieler dieser Menschen fungiere häufig als ein Druckmittel, indem man ihre Angst vor Abschiebung dafür ausnutze, sie in ein Verhältnis der Abhängigkeit zu zwingen, heißt es darin. Allgemein monieren die Linken, dass in Deutschland strenge Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen Zwangsarbeit begünstigen würden. Erzwungene Heiraten seien Straftaten, die für die Opfer nicht mit „zivil- oder aufenthaltsrechtlichen Nachteilen“ verbunden sein dürften. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten im Februar (Drs. 19/ 7279) bzw. Juni 2019 (Drs. 19/10266) jeweils gesonderte Kleine Anfragen an die Bundesregierung in Bezug auf das Bekämpfen von Menschenhandel gerichtet. Dabei legten die Grünen, welche sich schon mehrfach mit Initiativen und Anträgen zur Änderung von Regierungsinitiativen für das wirksame Bekämpfen des Menschenhandels einsetzten, vor allem Gewicht auf die Einsichtnahme in Fakten zu Ermittlung und Kontrolle von Straftaten im Feld von Zwangsprostitution über Zwangsarbeit. Die Liberalen erkundigte sich nach Einzelheiten der Kriminalstatistik, u.a. auch nach der Zahl der Opfer und Beschuldigten.

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