zwd-DEBATTE : Wie immunisieren wir Schülerinnen und Schüler gegen die Übernahme radikal islamistischer Lehren?

28. Februar 2021 // Hilda Lührig-Nockemann

Den Schulen kommt die Aufgabe zu, Schüler:innen gegen jegliche Formen der radikalisierender Einflussnahme zu immunisieren. Diese Auffassung vertreten sieben vom zwd-POLITIKMAGAZIN für die Ausgabe 383 angefragte Persönlichkeiten in Gastbeiträgen. Den Ausgangspunkt der Beiträge bildete die von zwd-Chefredakteurin Hilda Lührig-Nockemann aufgeworfene Fragestellung (Beitrag zum Download unten).

Wie immunisieren wir Schülerinnen und Schüler gegen die Übernahme radikal islamistischer Lehren?

Diese Fragestellung hat zwd-Chefredakteurin Hilda Lührig-Nockemann in einem Grundsatzbeitrag im zwd-POLITIKMAGAZIN, Ausgabe 382, aufgeworfen. Ihren vollständigen Beitrag finden Sie in unserer Rubrik Meinung auf dieser Webseite. In der Ausgabe 383 schreibt die Chefredakteurin einleitend:

In Schulen sind radikale Ansichten keine Einzelfälle. Darauf deuten die Ergebnisse des vom Bundesbildungsministerium (BMBF) geförderten Projekts „RadigZ“ hin. Auch wenn die 2018 mit 7.000 Schüler:innen (14 bis 15 Jahre) durchgeführte Studie nicht repräsentativ ist, wie es auf der Website des Ministeriums heißt, spiegeln die Zahlen doch die Tendenz wider: Im Bereich des Islamismus umfasst die Risikogruppe 1,5 Prozent, beim Rechtsextremismus ist sie mit 2,8 Prozent fast doppelt so groß. Den Impfstoff gegen die Ismen müssen wir – wie bei dem Corona-Virus vor Ausbruch der Krankheit – vor Ausbruch der Radikalisierung einsetzen. Wer wäre als Präventionsort dafür nicht besser geeignet als die Schule. Hier werden alle Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 18 Jahren erfasst. Hier schon muss der „soziale Prozess, der zu einer extremen Polarisierung von Gefühlen, Überzeugungen und Verhaltensweisen führt, die mit der gesellschaftlichen Norm inkonsistent ist“ (Nils Böckler und Andreas Zick, Bielefelder Gewaltforscher) im Keim erstickt werden. Jeder Prozess bedeutet Bewegung, er hat einen Anfang. Zum ‚Anfang‘ darf erst gar nicht kommen, deshalb muss in den Schulen mit der Immunisierung gegen Radikalität begonnen werden. In Bezug auf den radikalen Islamismus haben wir Vertreter:innen der Lehrer:innenverbände und Wissenschaft sowie prominente Muslim:innen um ein Statement in dieser Sache gebeten. Deren Ausführungen sind – wie sich im Vergleich der radikalen Auswüchse gezeigt hat – auch relevant für den radikalen Rechtsextremismus. Ihn dürfen wir keinesfalls aus dem Blick verlieren, denn – wie Generalbundesanwalt Peter Frank im November 2020 dpa sagte – beobachte er mit „großer Sorge, wie unsere freiheitliche demokratische Grundordnung von Extremisten jeglicher Ideologien angegriffen wird."

Den Beitrag von Hilda Lührig-Nockemann in der Ausgabe 382 finden Sie hier als PDF.

Die Gastbeiträge (Vollständiger Wortlaut in Ausgabe 383 sowie in der Digitalausgabe zum zwd-POLITIKMAGAZIN Nr. 1-21 BILDUNG - KULTUR - GESELLSCHAFT:

Dr. Joachim Lohmann (KOMMENTAR),
Staatssekretär a.D., Stadtschulrat a.D., ehemaliger Vorsitzender der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule e.V. :
„Gesellschaftliche und kulturelle Integration als Antwort auf Rechtsextremismus und Islamismus"

Birgit Koch, Vorsitzende der GEW Hessen
„Die gesamte Schule ist gefordert, sich zu einem Ort der demokratischen Diskussion zu entwickeln.“

Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE
„Je mehr Wissen vermittelt und je stärker in die Reflektion gegangen wird, desto größer ist die Chance, immun gegen radikale Strömungen zu werden.“

Osman Örs, Theologischer Referent | Iman, Stiftung House of One – Bet- und Lehrhaus Berlin
„Dieser fruchtbare Austausch und Einblicke in andere Glaubenswelten stärkt die Empathie für andere und entfaltet eine weltoffene Haltung, die getragen wird vom Respekt vor dem Menschen.“

Prof. Dr. jur. Dr. hc. Mathias Rohe (Universität Erlangen/Nürnberg)
Wir benötigen eine passgenaue Problemanalyse und überzeugende Alternativen
„Erlebtes und reflektiertes Glaubensleben im Alltag kann religiöse Angst- und Überheblichkeitspädagogik ersetzen – die Möglichkeit der reflektierten Selbstpositionierung sollte attraktiver sein als die scheinbar einfachen, intellektuell unterbelichteten Wahrheitsbotschaften der Radikalen.“

Seyran Ateş, Rechtsanwältin, Frauenrechts- und Menschenrechtsaktivistin
Wie immunisiert man gegen eine Ideologie?
„Es ist unausweichlich für ganz Europa, jetzt einzugestehen, dass unser Schulsystem gegen den politischen und radikalen Islam zum heutigen Stand nicht gewappnet ist.“

Ali Ertan Toprak, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland (BAGIV)
Aufklärung und Präventionsarbeit zum Thema Islamismus in Schulen

„Die Moscheen und islamistischen Verbände zielen allesamt auf eine Indoktrination von Kindern und ­Jugendlichen, die von klein auf im Geiste der Scharia sozialisiert werden. ­Keiner kontrolliert bisher, was in den Moscheen an Erziehungsarbeit vollzogen wird.“

„In jeder Schulordnung und in jedem Leitbild einer Schule muss das Handeln gegen islamistische Radikalisierung, gegen sexistische Einschränkungen und religiös begründete Bevormundung von Mädchen und Frauen nachlesbar verankert werden, sodass Betroffene diesbezüglich Maßnahmen einfordern können.“



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