CHE-STUDIE 2020 : Auf zur Uni: Zahl der Studierenden ohne Abitur erreicht Höchstwert

3. April 2020 // Ulrike Günther

Mehr Student*innen ohne Abitur als je zuvor lernen an den bundesdeutschen Hochschulen. Über 62.000 Menschen studierten laut einer neuen Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) 2018, ohne vorher die Hochschul- oder Fachhochschulreife erlangt zu haben. Insgesamt bildeten sie bundesweit rund 2,2 Prozent aller Studierenden.

Student*innen beim Lernen - Bild: Pixabay / Ernesto Eslava
Student*innen beim Lernen - Bild: Pixabay / Ernesto Eslava

absolut nachvollziehbar“, wenn immer mehr Bürger*innen „für ihre Bildungsbiografie das Beste aus beiden Welten, also der beruflichen und der akademischen, mitnehmen wollen“, kommentierte der CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele den neuerlichen Zuwachs bei den Studierenden ohne Abitur. Dass jedes Jahr mehr Menschen von einer zunächst beruflichen Laufbahn zum Studium finden, zeigt nach Ansicht Ziegeles, dass die Übergänge zwischen beiden Bildungsbereichen durchlässiger geworden sind.

Wer ohne Abitur oder Fachhochschulreife an der Universität studieren möchte, muss über einen Berufsschulabschluss und Berufserfahrung verfügen. Je besser qualifiziert die Studienbewerber*innen sind, desto mehr erweitert sich die Vielfalt der für sie zugänglichen Studiengänge. Nach Angaben des CHE konnten 43 Prozent aller Studierenden ohne Abitur eine berufliche Qualifizierung zum Fachwirt oder Meister vorweisen.

Die meisten Berufserfahrenen ohne Abitur studieren an Fachhochschulen

Die meisten der Studierenden ohne HZB waren 2018 der Studie zufolge mit 66,4 Prozent an Fachhochschulen immatrikuliert, nur weniger als die Hälfte davon an den Universitäten. 3,3 Prozent der Personen ohne Abitur studierten an Kunst- und Musikhochschulen. Dort lag ihr Anteil mit über 7,5 Prozent deutlich höher als an den anderen Hochschularten, ging aber im Verhältnis zu 2017 und 2016 leicht zurück. Mit rund 43.700 Personen studierten die meisten der Berufserfahrenen ohne HZB an staatlichen Einrichtungen, trotzdem war ihre Rate unter den an privaten und kirchlichen Hochschulen Studierenden mit 7,4 bzw. 4,6 Prozent erheblich größer. Die bei den Studierenden ohne Abitur beliebtesten Fächer stellten 2018 laut CHE mit 54,3 Prozent Jura, Wirtschaft und Soziologie dar, an zweiter Stelle lagen die Ingenieurswissenschaften, auf dem dritten Platz Medizin und Gesundheitspflege.

Ein sprunghafter Anstieg der Zahlen der über den beruflichen Bildungsweg qualifizierten Studierenden ist gemäß der CHE-Studie zwischen 2007 und 2012 zu beobachten. Als Ursache vermutet das CHE-Institut die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2009, die Hochschulen für Studieninteressierte ohne HZB zu öffnen, sowie von verschiedenen Bundesländern teilweise schon vorher getroffene Maßnahmen und Angebote einzelner Hochschulen, welche für Menschen mit beruflichem Hintergrund den Zugang zum Studium zu erleichtern sollten.

Dennoch verzeichneten sie mit einer anteilmäßigen Zunahme um 4,4 Prozent nur einen leicht geringeren Anstieg als die Länder in Westdeutschland (+ 4,7 Prozent). Mecklenburg-Vorpommern (2,57 Prozent), Thüringen (2,06 Prozent) und Sachsen-Anhalt (1,79 Prozent) konnten ihre Werte im Vergleich zum Vorjahr verbessern, in Berlin, Sachsen und Brandenburg sanken hingegen 2018 die Prozentsätze. Am größten war die Differenz zwischen östlichen und westlichen Bundesländern bei den Studienanfänger*innen mit knapp 1,27 Prozent. Nach Aussagen des CHE schrieben sich 93 Prozent aller Studierenden ohne Abitur 2018 an einer westdeutschen Hochschule ein. Grund dafür könnte der Meinung der CHE-Forscher*innen zufolge die Tatsache sein, dass ca. 84 Prozent aller für Berufserfahrene ohne HZB geeigneten Studienangebote von Hochschulen im westlichen Teil der Bundesrepublik gemacht werden. Bei den Absolvent*innen ohne Hochschul- oder Fachhochschulreife fällt dagegen der Abstand zwischen Ost und West mit ca. 0,41 Prozent wesentlich geringer aus.

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