GAST im zwd-POLITIKMAGAZIN : Ortleb: Ein Jahrzehnt
der Gleichstellung ist unsere Zielmarke für 2030

24. September 2021 // Josephine Ortleb

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Josephine Ortleb aus Saarbrücken ist seit 2017 direkt gewählte Abgeordnete des Bundestages und hat für das zwd-POLITIKMAGAZIN eine Bilanz der sozialdemokratischen Frauen- und Gleichstellungspolitik im 19. Bundestag gezogen.

Josephine Ortleb (SPD/MdB)
Josephine Ortleb (SPD/MdB)

zwd Saarbrücken. Sie steht für das neue frauen- und gleichstellungspolitische Gesicht der SPD: die Saarbrücker Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb. Die 34-jährige in ihrem Heimatwahlkreis Saarbrücken direkt gewählte Politikerin sitzt bei Debatten zur Gleichstellungspolitik im Bundestag in der ersten Reihe der SPD-Bänke – als Parlamentarische Geschäftsführerin ihrer Fraktion. In der Nachfolge der ebenfalls aus Saarbrücken stammenden Frauenpolitikerin und langjährigen ASF-Vorsitzenden Elke Ferner (zuletzt Parlamentarische Staatssekretärin in dem von Manuela Schwesig geführten Bundesfrauen- und -familienministerium) hat sie in harten Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU/CSU die Bundesstiftung Gleichstellung durchgesetzt.


Die Förderung von gleichen Chancen ist Kernforderung sozialdemokratischer Politik. Nicht nur, aber insbesondere in gleichstellungspolitischen Fragen. Die SPD setzt diese Maxime seit über 150 Jahren um. Wir haben viele Erfolge in dieser Legislaturperiode erreicht:

  • Mit der sog. „Brückenteilzeit“ geben wir Frauen und Männern mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeitsfrage.
  • Wir erleichtern vor allem vielen Frauen, leichter von Vollzeit in Teilzeit und zurück zu wechseln.
  • Die Regelung hilft aber auch Männern, befristet in Teilzeit zu gehen, ohne berufliche Nachteile fürchten zu müssen.
  • Auch durch mehr guten Kitas und dem Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder gibt es für Eltern mehr Möglichkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren. Diese Maßnahmen stärken Frauen auf dem Arbeitsmarkt.
  • Mit der Grundrente würdigen wir die Lebensleistung von Frauen, die viele Jahre zu niedrigen Löhnen gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben.
  • Wir möchten, dass keine Frau Gewalt ausgesetzt wird. Deswegen hat die SPD Förderprogramme zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt aufgestockt, für eine bessere Vernetzung zwischen Kommunen, Ländern und dem Bund gesorgt und öffentlichkeitswirksame Kampagnen für mehr Aufklärung gestartet. Trotz dieser Maßnahmen sind Macht, Geld und Zeit noch immer ungerecht verteilt. Wir wollen weiterhin erreichen, dass Frauen und Männer auf ihrem Lebensweg die gleichen Chancen haben, an der Verteilung teilzuhaben – das unterscheidet uns bis heute von der Union.
  • Diskriminierung hat Struktur. Deshalb ist es essenziell, die strukturelle Benachteiligung von Frauen durch eine institutionalisierte Struktur in den Blick zu nehmen. Notwendig ist ein interdisziplinäres Handeln aus der Vogelperspektive: Mit einem ganzheitlichen Ansatz auf allen Ebenen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Deswegen haben wir die Nationale Gleichstellungsstrategie auf den Weg gebracht. Sie formuliert neun Ziele für mehr Gleichstellung von Frauen und Männern und ist eine Grundlage für die künftige Gesetzgebung und künftige Förderprogramme aller Bundesministerien.
  • Mit der Gründung der Bundesstiftung Gleichstellung haben wir den Grundstein für einen echten Beschleuniger in der Gleichstellungspolitik gelegt. Die Stiftung wird Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beraten, Forschungslücken schließen und die Bundesregierung bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie unterstützen.
  • Mit der Geschlechterquote für Vorstände werden Frauen in Führung endlich keine Seltenheit mehr sein. An die Erfolge aus dieser Wahlperiode wollen wir anknüpfen.

Mit der SPD wird dieses Jahrzehnt zum Jahrzehnt der Gleichstellung

Wir wollen bis 2030 die vollständige Gleichstellung der Geschlechter erreicht haben!
Das geht nur mit einem ganzheitlichen Ansatz, der diskriminierende Strukturen in allen Bereichen des Lebens abbaut. Das heißt, wir müssen alle Lebensbereiche und Politikressorts in den Blick nehmen. Für den Arbeitsmarkt bedeutet das in erster Linie, dass das Prinzip des gleichen Lohns für die gleiche und gleichwertige Arbeit selbstverständlich zwischen den Geschlechtern gelten muss: Dafür wollen wir ein Entgeltgleichheitsgesetz, statt nur Transparenz.

Wir werden ein Gesetz für gleiche Löhne für Frauen und Männer einführen.
Es wird Unternehmen und Verwaltungen verpflichten, Löhne und Gehälter im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit zu überprüfen und Verfahren festlegen, mit denen festgestellte Ungleichheit bei der Entlohnung beseitigt wird, ohne dass sich Betroffene selbst darum kümmern müssen. Die SPD steht auch für die weitere Aufwertung der Pflegeberufe: Denn in der Pflege wird enorme und gesellschaftlich wertvolle Arbeit geleistet und das überwiegend von Frauen.

Gleichberechtigung ist auch eine Frage der politischen Repräsentation. Darum kämpfen wir weiter für Paritätsgesetze für den Bundestag, die Länder und Kommunen, damit Frauen und Männer in gleichem Maße an politischen Entscheidungen beteiligt sind. Wir wollen einen besseren Zugang für Frauen zu Gründungskapital und eine umfassende und koordinierte Förderstrategie, um geschlechtsbezogene Barrieren für digitalisierungsbezogene Unternehmensgründungen abzubauen. Wir wollen verantwortungsvolle Künstliche Intelligenzen (KI) und Algorithmen, die vorurteilsfrei programmiert sind und auf diskriminierungsfreien Datenlagen basieren. Dies soll regelmäßig geprüft und zertifiziert werden. Frauen und Paare, die sich in einer Konfliktsituation für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, brauchen Zugang zu Informationen und einer wohnortnahen, guten medizinischen Versorgung – das gilt ambulant wie stationär.

Wenn es nach der SPD geht, sollen Frauen selbst über ihren Körper entscheiden.

Dabei gehören sie nicht kriminalisiert, die Paragraphen 218 und 219a gehören nicht ins Strafrecht. Entsprechend unserer Verpflichtungen aus der „Istanbul-Konvention“ wollen wir von der SPD das Hilfesystem aus Beratungsstellen, Frauenhäusern und anderen Schutzeinrichtungen weiterentwickeln. Wir werden vielfältige Familienmodelle rechtlich absichern. Die Lebensentwürfe werden individueller, das müssen auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen widerspiegeln, zum Beispiel durch ein PACSModell. Wer am 26. September Olaf Scholz und die SPD wählt, kann zukünftig eine geschlechtergerechte Haushaltssteuerung erwarten. Die Verteilung von (Haushalts-)Mitteln wird sich dann nicht mehr hauptsächlich an männlichen Lebensrealitäten ausrichten, sondern an denen von beiden Geschlechtern.

Und wir finden: Das klassische Ein-Ernährermodell entspricht nicht mehr der Lebensrealität vieler Familien. Deswegen möchten wir für neu geschlossene Ehen das Ehegattensplittung durch ein Familiensplitting ersetzen.


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