CORONA UND STUDIUM : Zum Wintersemester: BMBF hat Überbrückungshilfen eingestellt

30. September 2020 // Ulrike Günther

In der Corona-Krise haben viele Studierende ihre Nebenjobs verloren. Doch trotz erneut steigender Infektionszahlen laufen die staatlichen Überbrückungshilfen nun aus. Jusos, Grüne und Student*innen sind fassungslos über die Entscheidung des Bundesbildungsministeriums. Sie fordern eine wirksame Unterstützung und eine BAföG-Reform. Auch die SPD möchte Studierende in der Krise und darüber hinaus absichern

Viele Studierende sind durch die Krise in einer ungesicherten Lage.. - Bild: flickr / Universität Salzburg
Viele Studierende sind durch die Krise in einer ungesicherten Lage.. - Bild: flickr / Universität Salzburg

zwd Berlin. Die Jusos zeigten sich empört darüber, dass Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Überbrückungshilfen für Studierende gestrichen hat, obwohl gerade eine zweite Pandemiewelle droht. Das Mitglied im Bundesvorstand der Jungsozialist*innen Oliver Nerger kritisierte das heute (30. September) ausgelaufene Programm auf der ganzen Linie. Es sei „vollkommen an der Krisenrealität vorbei“ gegangen.

Jusos fordern wirksame Hilfen für Studierende

Mit dem zu späten Starttermin im Juni, den bürokratischen Antragsformalitäten, den zu stark einschränkenden Bedingungen und der viel zu geringen Höhe hätten die Überbrückungshilfen den Student*innen laut dem Juso-Vorstandsmitglied keine wirkliche Hilfe geboten. Stattdessen forderte Nerger wie schon vorher die SPD-Fraktion eine wirksame Unterstützung für Studierende in krisenbedingten Zwangslagen und ein modernisiertes BAföG.

Das Bundesbildungsministerium (BMBF) hatte nach Angaben des Parlamentarischen Staatssekretärs Michael Meister die Entscheidung, die Hilfen auszusetzen, mit der wieder entspannten Wirtschaftslage und der dadurch gebesserten Beschäftigungsaussichten für die Studierenden begründet. Die Zahl der bei den Studentenwerken gestellten Anträge sei stetig zurückgegangen, während sich bei den Studierenden immer seltener eine krisenbedingte Zwangslage nachweisen ließ. Im Juni beantragten laut BMBF über 800.000 Student*innen die Hilfen, im September waren es noch rund 320.000. Gleichzeitig stieg die Bewilligungsrate von anfänglich ca. 53 Prozent auf zuletzt 75 Prozent. Insgesamt gewährten die Studierendenwerke Förderhilfen in Höhe von 60 Millionen Euro, zwei Drittel der Antragsteller*innen erhielten die Höchstsumme von 500 Euro.

SPD will BAföG modernisieren

Die Sozialdemokrat*innen hatten sich am Montag (28. September) über die Entscheidung der Ministerin angesichts der wieder steigender Erkrankungsraten erstaunt gezeigt. Karliczek sende in dieser Zeit „ein bedenkliches Signal“, erklärte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Oliver Kaczmarek, trotz „allgemeiner Warnungen“ die Studierendenhilfen einzustellen.

Auf der Grundlage der bisher vorliegenden Daten wertete der SPD-Sprecher die Überbrückungszuschüsse einerseits als erforderliche Hilfen, da sie 135.000 Mal bewilligt wurden Andererseits hätte sich an einer relevanten Gruppe von 40.000 Antragsteller*innen erwiesen, dass deren finanzielle Engpässe nicht erst durch die Krise verursacht seien. Die SPD-Fraktion will nach Angaben ihres Sprechers durch eine Modernisierung des BAföG erreichen, dass künftig auch für diese Studierenden gesorgt und ihre Ausbildung abgesichert ist.

Grüne: Scharfe Kritik an Karliczeks Studienfinanzierung

Bereits am Tag (26. September) nach Karliczeks Bekanntgabe, die Überbrückungshilfen in diesem Monat auslaufen zu lassen, hatte der hochschulpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Kai Gehring die Bildungsministerin für ihr offensichtlich gegenüber den sozialen Bedrohungslagen der Student*innen ignorantes Vorgehen als „unverantwortlich und unsozial“ kritisiert. Karliczek, die eigentlich„Chancengleichheit für Studierende schaffen sollte, verfehle mit ihrer Politik ihre Aufgabe der Studienfinanzierung. Schon vor dem Beginn der Krise sei eine Reform des BAföG nötig gewesen, um wieder mehr Student*Innen durch die staatliche Hilfe zu erreichen. Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge ist die Rate der BAföG-Empfänger*innen seit vorigem Jahr um rund 6 Prozent auf 11 Prozent gesunken.

Ähnlich wie von den Grünen lauteten die Kommentare aus dem freien zusammenschluss der student_innenschaften (fzs).. Anstatt die Überbrückungszuschüsse zu pausieren, hätte das BMBF jetzt einen Plan für die Winterzeit vorlegen sollen, monierte das fzs-Vorstandsmitglied Jacob Bühler. Der fzs verlangt vom BMBF, die Unterstützung zu verlängern und die Zugangsbedingungen (für eine Bewilligung durften Antragsteller*innen höchstens 500 Euro auf dem Konto haben) zu lockern. Außerdem sollte ihrer Auffassung nach das BAföG über eine Reform familienunabhängig und als Vollzuschuss gezahlt werden.

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