MORDFALL SUSANNA : Feminismus statt Rassismus

15. Juni 2018 // Rita Schuhmacher

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat die AfD-Fraktion und den Abgeordneten Thomas Seitz wegen einer Schweigeminute im Fall der ermordeten 14-jährigen Susanna aus Mainz scharf kritisiert. Erneut werfen Politiker*innen der AfD eine Instrumentalisierung von Gewalt gegen Frauen vor und fordern Feminismus statt Rassismus.

zwd Berlin. Der Fall der ermordeten Susanna hatte eine heftige politische Debatte ausgelöst. Das Mädchen war vor einigen Tagen tot in Wiesbaden aufgefunden worden, tatverdächtig ist ein Geflüchteter. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Seitz hatte am vergangenen Freitag bei einem Auftritt im Parlament gesagt, er widme seine Redezeit der getöteten Susanna und eine Schweigeminute eingelegt.

Diesen schrecklichen Mord politisch zu instrumentalisieren sei abstoßend, schüre Hass und sei von Empathielosigkeit nicht zu übertreffen, monierte die Sprecherin für Migrations- und Integrationspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat. Die AfD habe einmal mehr ihr wahres Gesicht gezeigt. „Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist abscheulich, egal wer der Täter ist, egal wer das Opfer ist und auch egal wo die Gewalt stattfindet, ob zu Hause, in Deutschland, oder in der Welt.“ Daher sei es in der Verantwortung der demokratischen Kräfte, gemeinsam für die feministische Bewegung einzustehen und Rechte und auch die Sicherheit von Frauen weltweit zu verteidigen, bekräftigte Polat ihre Forderung gegenüber dem zwd.

Linke und Grüne nehmen Giffey in die Pflicht

Bereits im Vorfeld des Mordes an Susanna kritisierte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Ulle Schauws die politische Instrumentalisierung von Gewalt an Frauen durch die AfD als geschmacklos. Frauen seien oft gerade im eigenen Zuhause von Gewalt betroffen, weil die meisten Übergriffe immer noch in der Partnerschaft, in der Verwandtschaft und im Nahfeld passieren. Hier seien Frauenhäuser oft der einzige Schutzraum.

Schauws forderte die Bundesregierung zu weiteren Schritten auf, darunter eine ausreichende Finanzierung von Frauenhäusern unter Beteiligung des Bundes. Hier solle nun das Bundesfrauenministerium tätig werden.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, ein solches Verbrechen müsse Folgen haben. In ihrer Politik gehe es um eine ausgestreckte Hand auf der einen Seite und des klaren Stoppsignals auf der anderen. „Bei Verbrechen, Zwangsverheiratungen, Bedrohungen und Belästigungen von Frauen gibt es kein Verständnis und kein Pardon, da ist der kulturelle Hintergrund völlig egal.“

„Eine öffentliche Diskussion über Femizide ist wichtig“

Es sei dreist, dass rechte Hetzer diesen Frauenmord und das verständliche Entsetzen wieder dafür benutzen, geflüchtete Menschen pauschal zu verurteilen und härtere Abschieberegelungen zu fordern, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Linken Bundestagsfraktion Cornelia Möhring gegenüber dem zwd. Es sei daher begrüßenswert, dass in der öffentlichen Debatte vermehrt über Femizide diskutiert werde. Denn die allermeisten so genannten Beziehungstaten haben nicht den Migrationshintergrund des Täters gemeinsam, sondern das Geschlecht des Opfers. „Statt Rassismus brauchen wir deshalb Feminismus", forderte Möhring gegenüber dem zwd weiter.

Die Linkenpolitikerin nahm damit auch Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) in die Pflicht. Obwohl Giffey zuletzt auf der Gleichstellungsminister*innenkonferenz am 8. Juni in Bremen – mit einem Aktionsplan verkündete, Gewalt an Frauen besser bekämpfen zu wollen, lassen sich nach Möhrings Worten keine konkreten Pläne erkennen. „Es ist nahezu faszinierend, dass Frau Giffey mit ihren Plänen zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen an die Öffentlichkeit geht – aber auf Nachfragen scheinbar noch gar keinen Plan hat.“ Auf Möhrings Frage, wie die Pläne für das Aktionsprogramm aussehen und wie hoch das Budget dafür sein soll, antwortete das Ministerium, dass die Erarbeitung eines Aktionsprogramms geplant sei. Wie der Zeitplan und das Budget ausfallen soll, blieb jedoch offen. “Wie soll es konkret mit den Frauenhäusern und dem Hilfesystem weitergehen? Die Bundesregierung benennt dafür im Koalitionsvertrag ein Investitionsprogramm. Doch auf unsere Fragen, wie hoch die Mittel dafür sein sollen und wann die Maßnahmen beginnen, wird auf die Haushaltsplanungen für 2019 verwiesen – und auf den Runden Tisch. Doch den gibt es ja noch nicht. Wir wissen auch nicht, wann er kommen soll. Und was ist mit den Haushaltsplanungen für 2018? Wir brauchen doch die Hilfen so schnell wie möglich”, kritisierte die Linkenpolitikerin.

In einer Pressemitteilung des Bundesfrauenministeriums heißt es, der Runde Tisch solle in der zweiten Jahreshälfte seine Arbeit aufnehmen.


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