SONDIERUNGSGESPRÄCHE [UPDATE] : Frauenverbände fürchten um niedrigen Stellenwert der Gleichstellungspolitik

23. Oktober 2017 // ticker

Jamaika, große Koalition oder Minderheitsregierung – Hauptsache Frauenpolitik! Anlässlich der Sondierungsgespräche haben Frauenverbände die nächste Bundesregierung aufgefordert, sich für eine entschiedene Fortsetzung der Gleichstellungspolitik einzusetzen.

Monika Schulz-Strelow, Präsidentin FidAR e.V. - Bild: zwd
Monika Schulz-Strelow, Präsidentin FidAR e.V. - Bild: zwd

zwd Berlin. Die Frauen hinter der "Berliner Erklärung" fürchten um den Stellenwert der Frauenpolitik in der nächsten Legislaturperiode. Grund dafür ist der dürftige Gleichstellungsfokus in den Wahlprogrammen der verhandelnden Parteien. Auch der niedrige Frauenanteil im Bundestag mit 30,6 Prozent bereitet ihnen Sorge. Jetzt komme es umso mehr darauf an, in den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundes­regierung wirksame Schritte in Richtung Gleichstellung zu verankern, erklärten die 17 führenden Frauenverbände.

Sie fordern eine paritätische Teilhabe auch in der Politik sowie in den Aufsichts-, Beratungs- und Vergabegremien bei Medien, Kultur, Medizin und Wissenschaft. Kernforderungen der Berliner Erklärung 2017 sind die Ausweitung der Quotenregelung auf die Aufsichtsräte der Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen. „Wir nehmen die Bundeskanzlerin und den Fraktions­vorsitzenden der CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder, beim Wort“, betonte Monika Schulz-Strelow vom Verband "Frauen in die Aufsichtsräte" (FidAR). Sowohl Bundeskanzlerin Merkel als auch Volker Kauder hatten im Vorfeld der Wahl weitergehende gesetzliche Schritte zur Gleichstellung von Mann und Frau angekündigt.

Auch der Deutsche Frauenring hatte an die Verhandelnden in den Koalitionsgesprächen appelliert. Der Bundesvorstand fordert die verhandelnden Parteien auf, wichtige Vorhaben zur Verwirklichung der Gleichstellung von Männern und Frauen in den Koalitionsvertrag aufzunehmen und beschloss im Rahmen der Bundesvorstandssitzung am 12. und 13. Oktober in Hannover nachfolgende Handlungsfelder:

1. Novellierung/Abschaffung des Ehegattensplittings

2. Bürger*innen sollen breit über die Option der Steuerklasse IV mit Faktor als häufig sinnvolle Alternative zur gerechteren Besteuerung ungleicher Einkommen informiert werden, um Nachteilen im Fall von Arbeitslosigkeit bzw. Berentung entgegenzuwirken

3. Anwendung von Gender Budgeting, als wirksames Instrument für mehr Transparenz bei der Verteilung öffentlicher Mittel, im Bundeshaushalt

4. Einführung einer rückwirkenden Anerkennung der Studien- und Ausbildungszeiten für die Rente

5. Rentenpunkte auch für die Erziehungszeiten der Frauen, die Kinder vor 1992 geboren haben

6. Streichung des Vorbehalts gegen Art. 59 der Istanbul-Konvention und Entwicklung einer verbindlichen Strategie für die Umsetzung der Istanbul-Konvention

7. Einführung eines Parité-Gesetzes auf Bundesebene

8. Einführung eines Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der Frauenrechtskonvention CEDAW

9. Erarbeitung einer neuen Variante von Erwerbs- und Sorgearbeit auf der Grundlage des von der Sachverständigenkommission im zweiten Gleichstellungsbericht vorgeschlagenen „Erwerbs- und Sorge-Modells“.

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