STANDORT FÜR BATTERIEFORSCHUNG : Sondersitzung des Bildungsausschusses: Karliczek bleibt Antworten schuldig

24. Juli 2019 // Hannes Reinhardt

Nach einer Sondersitzung des Bildungsausschusses des Bundestages am Mittwoch zur umstrittenen Vergabe einer Forschungsförderung für Batteriezellen nach Münster, der Heimatregion von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU), hat sich die Opposition über ausbleibende Aufklärung unzufrieden gezeigt.

Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann
Bild: Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann

zwd Berlin. Nicht nur die Entscheidung für Münster selbst, das nach Ansicht zahlreicher Expert*innen als Standort nicht so geeignet ist wie der Mitbewerber Ulm/Karlsruhe, sorgte für Kritik. Das Zustandekommen der Entscheidung blieb ebenfalls im Dunkeln. Die Ministerin hatte betont, sie habe auf den Entscheidungsprozess keinen Einfluss genommen. Unklar blieb zudem, welche Rolle das Papier der Gründungkommission, die ausschließlich mit Industrievertreter*innen besetzt war, gespielt hat und für welchen Standort sich die Kommission ausgesprochen hat.

„Die Ministerin konnte in der heutigen Sondersitzung des Forschungsausschusses wesentliche Widersprüche nicht aufklären, sondern hat neue Unklarheiten geschaffen. Die Sitzung hat untermauert, dass das Auswahlverfahren alles andere als transparent, objektiv und nachvollziehbar abgelaufen ist“, sagte der forschungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Kai Gehring. Die Grünen hatten zusammen mit Linken und FDP die Sondersitzung durchgesetzt. Karliczek verstecke sich hinter ihrem Haus und dem Wirtschaftsministerium. „Damit wird sie ihrer Verantwortung als Ministerin bei einer Förderentscheidung über diese hohe Summe und für eine Schlüsseltechnologie der Zukunft nicht gerecht.“

FDP: „Prozessverlauf stümperhaft“

„Stümperhaft“ sei der gesamte Prozessverlauf gewesen, kritisierte der forschungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Thomas Sattelberger im Anschluss an die Sitzung vor Journalist*innen. „Es gab jede Menge Interessenskonflikte und Befangenheiten, sodass die eingesetzten Kommissionen nicht zu ihrer Entscheidung kommen konnten und das Ministerium diese am Schluss selber traf.“ Zudem fehle Karliczek jegliche Sensibilität, welche Konsequenzen solche Standortentscheidungen in betroffenen Institutionen und Regionen auslösen. „Das muss die Ministerin noch lernen“, mahnte Sattelberger. Sein Fraktionskollege Christian Jung kündigte an, die Liberalen würden sich den vollständigen Ablauf schriftlich vorlegen lassen.

„Das Gesamtverfahren ist eine Katastrophe“, monierte auch die stellvertretende Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion Petra Sitte. Die Ministerin habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass in den Gremien keine Unbefangenheit hergestellt werden könne, sodass die Entscheidung letztlich auf Abteilungsleiterebene habe getroffen werden müssen. Aus ihrer Sicht sollten volkswirtschaftliche Aspekte sowie Ausgleichsmaßnahmen für die aus der Braunkohleförderung ausgestiegenen neuen Bundesländer stärker berücksichtigt werden.

SPD mahnt Schaffung von Transparenz an

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Oliver Kaczmarek erklärte, Karliczek habe zwar in einigen Fragen Antworten geliefert, hinsichtlich des Entscheidungspfades sei jedoch oft ausgewichen worden. „Das schafft Intransparenz und das ist schwierig. Das ist nicht ganz gerade gelaufen.“ Zudem sei ungewöhnlich, dass die Entscheidung über eine halbe Milliarde Euro auf Abteilungsleiterebene getroffen worden sei.

Bei der Einrichtung der Fabrik geht es um die Erforschung und Entwicklung leistungsfähiger Speichertechnik, der eine Schlüsselrolle bei künftigen Entwicklungen in der Energie- und der Autoindustrie zukommt. Bis zuletzt war umstritten, welche Stadt den Zuschlag für die „Forschungsfertigung Batteriezelle“ mit einem Volumen von 500 Millionen Euro bekommen soll. Letztendlich erhielt das nordrhein-westfälische Münster den Zuschlag. Dies liegt in der Nähe von Ibbenbüren, der Heimatstadt Karliczeks. Auch Ibbenbüren selbst, wo nun ein Kompetenzzentrum Batterierecycling eingerichtet wird, profitiert von der Entscheidung.

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