zwd Berlin. Bei der von Kulturstaatsminister Weimer geplanten Digitalsteuer für große Technologie-Konzerne scheine es „noch erheblichen Abstimmungsbedarf in der Bundesregierung“ zu geben, kommentierte der Geschäftsführer des DK Olaf Zimmermann in seinem kulturpolitischen Wochenreport am Donnerstag die Bundestags-Debatte zum Kulturhaushalt. Aus Zimmermanns Sicht ist es verdienstvoll, dass die Politik über die Abgabe von Tech-Portalen diskutiert, er empfiehlt jedoch, „mit einer gemeinsamen Haltung in der Bundesregierung“ aufzutreten.
DK: Digitalsteuer müsste „kulturellen Inhaltslieferanten“ zugutekommen
Der DK-Geschäftsführer gab zu bedenken, man müsse sicherstellen, dass die Digitalsteuer wirklich „den kulturellen Inhaltslieferanten“ zugutekomme. Er schlug als ersten, schnell zu realisierenden Schritt vor, die Tech-Konzerne, die Kunstwerke verwenden und verbreiten, „konsequent zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen“, was die Künstlerkasse stärken würde. Zimmermann begrüßte, dass der Kulturetat gegenüber dem der Vorgängerregierung einen geringfügigen Aufwuchs erfahren habe. Zur von BKM Weimer angekündigten Sanierung von Kulturbauten warf der DK-Geschäftsführer die Frage auf, ob man die Finanzmittel vielleicht aus dem Bundes-Investitionspaket beziehen sollte. Die Zuwächse beim Auslandssender Deutsche Welle (DW) beurteilte er als positiv, wandte aber gegen die von Weimer angestrebte Kooperation mit dem Fernsehsender Arte ein, die Programmautonomie gewährleiste, dass die DW selbst über intensivere Zusammenarbeit mit Anbietern entscheiden könne.
BKM Weimer: Gedenkstätten in besonderer Weise unterstützen
Anlässlich des 80. Jahrestages des Sieges über den Nationalsozialismus, des Weltkriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager betonte Kulturstaatsminister Weimer am Vortag, mit seinem Etat „Gedenkstätten und Erinnerungsorte in besonderer Weise“ zu unterstützen. Einem „wachsenden Milieu vergessener Gewissen“ möchte Weimer entgegentreten, indem sein Ressort „in politische Bildung und Erziehung“ investiere. Der BKM erinnerte an die 1935 von den Nazis erlassenen Nürnberger Rassengesetze, mit denen die Verfolgung von Juden und Jüdinnen „zum grausamen Staatsprogramm“ wurde. Vor diesem Hintergrund nannte er es ein „wichtiges Anliegen“, das Jüdische Museum besonders zu stärken, um „jüdisches Leben sichtbar zu machen“.
Einen Fokus legte Weimer auf die Förderung des Auslandssenders Deutsche Welle. Mit seiner französischen Amtskollegin habe er vereinbart, die DW und den Fernsehsender Arte in höherem Maße zu europäisieren und miteinander kooperieren zu lassen. Von der DW erwartet er, dass sie mit den ergänzend bewilligten Mitteln eine „gewaltige Stimme der Freiheit“ in der heutigen Welt repräsentiere, wo „die Freiheitsräume leider immer enger werden“. Weitere Schwerpunkte bilden für Weimer die mit aufgestockten Mitteln begünstige Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und die Kulturbautenoffensive, in deren Rahmen die Regierung u.a. das Lutherhaus in Wittenberg, ein UNESCO-Weltkulturerbe, sowie andere „großartige() Kulturorte“ restaurieren werde. Im Kontext der Medien machte er als Ziel deutlich, wettbewerbsfähig zu bleiben und das Feld „nicht amerikanischen und chinesischen Big Techs“ zu überlassen.
SPD: Höherer Mittelansatz für Kulturetat sendet ein „wichtiges Signal“
Eine „lebendige kulturelle Infrastruktur“ zähle zur Daseinsvorsorge, zitierte der Sprecher für Kulturpolitik der SPD-Bundestagsfraktion Martin Rabanus aus dem Koalitionsvertrag. Der Kulturhaushalt 2025, mit allen zugehörigen Kapiteln des BKM insgesamt ca. 2,26 Mrd. Euro (Drs. 21/ 500), über 50 Mill. Euro mehr als im ersten Entwurf (Drs. 20/ 12400, zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete), sende „ein wichtiges Signal“. Union und SPD würden Kulturpolitik und -förderung „für die großen Bundeskultureinrichtungen ebenso wie (…) kleinere() Einrichtungen der freien Szene“ verlässlich machen, hob Rabanus hervor. Man habe zwar nicht alle Einsparungen der rot-grün-gelben Koalition zurücknehmen können, der Festivalförderfonds und der Amateurmusikfonds würden z.B. weiterlaufen. Andererseits habe man das KulturInvest-Programm zur Unterstützung kulturellen Erbes erheblich mit Mitteln aufgestockt.
In Hinsicht auf die Filmreform befürwortet der SPD-Politiker ausdrücklich den Erhalt der essenziellen Förderlinien, doch er wies auch auf „zentrale Aufgaben“ hin, die noch zu erledigen seien. Die Bundesregierung beabsichtige, die in der vorigen Legislatur begonnene Reform „mit steuerlicher Anreizförderung und mit Investitionsverpflichtungen“ zu vervollständigen. Überdies versicherte Rabanus, er werde sich in dem folgenden parlamentarischen Verfahren für die Fortsetzung des aus dem Haushaltsentwurf gestrichenen Zukunftsprogramms Kino einsetzen, da „der Zukunftsort Kino in der Fläche auch gefördert werden“ müsse. SPD-Fraktions-Vize Dr. Wiebke Esdar lobte, man habe beim Film bereits die Förderquote gesteigert, darüber hinaus neue Richtlinien eingeführt. Mit Steueranreizen und gesetzlichen Investitionspflichten werde man Kultur in der Bundesrepublik „besser (…), breiter (…) und vielfältiger auf()stellen“.
Die Grünen: KulturPass bringt junge Leute mit Kultur in Verbindung
Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Katrin Göring-Eckardt hält es für vorteilhaft, dass der aktuelle Entwurf wesentlich auf dem von SPD, Grünen und Liberalen basiere. Sie erkannte die Sparzwänge an, die sich in nächster Zeit noch massiv erhöhen würden, und schätzte die fortgesetzte Förderung „bewährte(r) Strukturen“, wie z.B. der Bundeskulturfonds, der SPK, der Klassik-Stiftung Weimar oder der Bundes-Kulturstiftung, als „gut und richtig“ ein, man brauche „Kulturförderung des Bundes (…) in Stadt und Land“. Erinnerungskultur müsse „einen zentralen Punkt einnehmen“, unterstrich Göring-Eckardt. Es sei entscheidend, dass „wir verbindlich und klar an die furchtbare Shoah erinnern“. Dafür sollten genügend Finanzmittel vorhanden, Gedenkstätten „ausreichend ausgestattet“ und vor Angriffen geschützt sein.
Die Grünen-Politikerin monierte, dass die Regierung den KulturPass im Haushaltsentwurf quasi abschaffe. Dieser sei eine gute Chance gewesen, damit „junge Leute (…) – manchmal zum ersten Mal – ernsthaft mit Kultur in Verbindung () kommen“. Göring-Eckardt zog in Zweifel, wie sich die von Kulturstaatsminister Weimer anvisierte Besteuerung digitaler Tech-Konzerne gegen den Widerstand insbesondere der Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) umsetzen lassen werde. Sie brachte wie ihre Fraktionskollegin Dr. Anna Lührmann vom Digital-Ausschuss ihre Ansicht zum Ausdruck, dass es nötig sei, sich vor den Mittelstand zu stellen, mit der US-Regierung zu verhandeln, und dass „die großen Tech-Konzerne (…) wenn schon, einen Beitrag zu unserem Gemeinwesen leisten“.
Die Linke: Kulturetat wird realen Bedarfen von Kreativen nicht gerecht
Der medienpolitische Sprecher der Linksfraktion David Schliesing erklärte, dass „Kunst und Freiheit untrennbar verbunden“ seien. Schliesing mahnte an, Freiheit bedeute für Kunst- und Kulturakteur:innen auch, “nicht durch existenzielle Not und Marktzwang bedroht“ zu sein. Mit statistischen Daten belegte er, dass immer mehr Kulturschaffende nur mit Mühe von ihrer kreativen Arbeit leben können. Über ein Drittel der mehr als zwei Millionen in Kultur- und Kreativwirtschaft tätigen Menschen seien geringfügig, bloß noch die Hälfte sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Demgegenüber würden die Kreativen enorme Anteile der bundesdeutschen Bruttowertschöpfung erwirtschaften, 2023 seien es mit 123 Milliarden Euro ca. 3,3 Prozent gewesen.
Zwar beschwöre man seit Jahren die „Verbesserung der sozialen Lage der Kulturakteurinnen und -akteure“, tatsächlich werde auch der neue Kulturhaushalt „weder den schönen Worten noch den realen Bedarfen und gestiegenen Kosten gerecht“. Trotz des leichten Mittelaufwuchses verglichen mit dem ersten Entwurf habe man im Etat in vielen relevanten Bereichen gekürzt, u.a. beim Vermitteln von Kultur, bei Förderung von kulturellen Integrations-Projekten, bei kolonialer Aufarbeitung, Provenienzforschung zu NS-Raubkunst und bei Digitalisierung. Als „besonders gravierend“ bezeichnete Linken-Kulturpolitiker Schliesing die ersatzlose Streichung des KulturPasses, der Zuschüsse zum Bündnis internationaler Produktionshäuser und des Zukunftsprogramms Kino. Schliesing stellte in Aussicht, die Linken würden in den Haushaltsverhandlungen gegen die Mittelkürzungen kämpfen. Man brauche eine „gestärkte freie Kunst, die ästhetisch und kulturell gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ gerichtet ist.
Regierung stärkt KulturInvest, Gedenkstätten und Filmförderung
Die größte Summe auf der Finanzierungsliste des Kulturetats bildet die Kulturförderung im Inland mit rund 805,7 Mill. Euro, 66,5 Mill. mehr als im Vorgängerentwurf, knapp 22 Mill. weniger als 2024. Darunter fallen die mit 253,8 Mill. Euro im Vorjahresvergleich um 6,36 Mill. gestiegenen Fördermittel für inländische Kultureinrichtungen, von denen das Jüdische Museum 25,1 Mill. Euro bekommt (+ 0,55 Mill. Euro). Ebenso gehört die mit 73,15 nochmal (+ 1,2 Mill.) erhöhte Filmförderung dazu, die Regierung unterstützt diese anderthalbmal so viel wie 2024 (47,99 Mill.), außerdem das KulturInvest-Programm, das mit 122,57 Mill. Euro eingepreist ist, (2024: 84,47 Mill.).
Den zweithöchsten Förderbetrag weist die Regierung dem Auslandsrundfunk mit 430,15 Mill. Euro zu, wovon der Deutschen Welle 405,5 Mill. übertragen werden, 15 Mill. mehr als im Vorjahresetat. An im Mittelumfang dritte Stelle tritt die SPK mit 388,38 Mill. Euro, fast 46 Mill. mehr als im Haushaltsplan von 2024, doch 28 Mill. weniger als im ersten Regierungsentwurf. Der Bund unterstützt Gedenkstättenarbeit mit 87, 53 Mill. Euro, 3,8 Mill. mehr als 2024. Davon erhält die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas 5,79 Mill. Euro (+ 0.92 Mill.), die Mittel für die Orte der deutschen Demokratiegeschichte werden von 5,00 Mill. Euro auf 10,00 Mill. Euro verdoppelt.
Drastische Mittelkürzungen bei den Bundes-Kulturfonds
Die Finanzausgaben für allgemeine kulturelle Angelegenheiten reduzieren sich hingegen um mehr als ein Drittel auf 185,69 Mill. Euro (2024: 279,82 Mill.). Mitteleinsparungen treffen die Digitalisierung (5,87 Mill. Euro, - 1,18 Mill.), Kulturvermittlung, wo sich die Förderhilfen mit 1,5 Mill. Euro seit 2023 mehr als halbiert haben (3,159 Mill.). Für Provenienzrecherchen zu NS-Raubkultur sind nunmehr 11,93 Mill. Euro statt 13,31 Mill. im vorigen Jahr vorgesehen, den globalen Süden und Aufarbeitung des Kolonialismus fördert die Regierung lediglich noch mit 2,00 Mill. Euro, einem Drittel der 2023 eingestellten Mittel (6,00 Mill.). Zuschüsse für Einrichtungen in Musik, Literatur, Tanz, Theater werden um über 25 Prozent auf 48,71 Mill. Euro gestrichen (2024: 66,75 Mill.).
Drastische Kürzungen unterzieht die Regierung mit 53,00 Mill. Euro Vorhaben zur kulturellen Integration, was rund einem Viertel weniger Finanzhilfen (2024: 71,98 Mill.) entspricht. Dabei werden u.a. die Fördersummen für die Stiftung Kunstfonds, den Fonds Soziokultur und den Musikfonds jeweils um etwas weniger als die Hälfte auf 2,90 Mill. Euro (2024: 5,40 Mill), der Fonds darstellende Künste von 10,29 Mill. Euro auf 5,60 Mill. verringert. Komplett eingespart werden in der derzeitigen Version des Etats der KulturPass, Mittel zur Restaurierung von Kulturdenkmälern, Anreize zum Entwickeln von Computerspielen und das Zukunftsprogramm Kino.