BUNDESTAG : Appell an SPD: Keine Wahlrechtsreform ohne Parität!

10. Januar 2023 // Redaktion

Mitte Januar wird die SPD-Bundestagsfraktion nach einer Ankündigung ihres Vorsitzenden Rolf Mützenich in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen Bündnisgrüne und FDP einen Gesetzentwurf zur Verkleinerung es Bundestages vorlegen. In einem Appell an die Fraktion hat die Gesellschaft Chancengleichheit (GesCh) dazu aufgerufen, keine Wahlrechtsänderung ohne Regelungen zur paritätischen Zusammensetzung des Bundestages zu beschließen. Der Gesellschaft gehören prominente Persönlichkeiten aus der Frauen- und Bildungspolitik an. Sprecher:innen sind Dr. Dagmar Schlapeit-Beck (Göttingen) und Holger H. Lührig (Berlin, auch Herausgeber des zwd-POLITIKMAGAZINs).

In einem Gespräch mit dem Nachrichtenportal "Berlin.Table" hatte der SPD-Fraktionschef für "die nächsten Tage einen Ampel-Vorschlag für die umstrittene Wahlrechtsreform" avisiert. Seine Fraktion, sagte er dort, werde in Abstimmung mit Grünen und FDP Mitte Januar einen Gesetzentwurf vorlegen – mit 299 Wahlkreisen und einer strikten Begrenzung auf 598 Abgeordnete. Mützenich wird von Berlin.Table mit dem Satz zitiert: „Das ist ein schwerwiegender Eingriff in das Wahlrecht. Und es dürfte politisch und rechtlich hoch umstritten sein.“

Unbefriedigendes Zwischenergebnis der Wahlrechtskommission

Nach dem jetzigen Stand stehen nach Einschätzung des GesCh-Sprechers Lührig die Chancen eher schlecht, dass sich die Wahlrechtskommission des Bundestages auf paritätische Gesetzgebungsregelungen verständigen könnte. Dafür haben sich bisher nur Vertreter:innen von SPD und Bündnisgrünen ausgesprochen. Der Koalitionspartner FDP hat sich deutlich gegen eine Paritätsregelung festlegt, ebenso auch CDU/CSU und AfD. Die Linke plädiert wie SPD und Bündnisgrüne eindeutig für eine Paritätsregelung. In der Kommission gäbe es eine knappe Mehrheit pro Parität, die allerdings nicht die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag widerspiegeln würde.

Die FDP hatte zur Bestärkung ihrer Position eigens für die Wahlrechts-Kommissionssitzungen zum Thema Parität eine gerade erst zu dieser Thematik promovierte Sachverständige benannte, die sich klar als Gegnerin jeglicher Paritätslösungen positionierte und stattdessen für eine freiwillige Verpflichtungserklärung der Parteien votierte. Eine Konkretisierung der Selbstverpflichtung der Parteien hat daraufhin auch die von den Grünen entsandte Sachverständige Jelena von Achenbach (Uni Gießen) in die Debatte eingebracht. Sie plädierte für das Modell einer "regulierten Selbstregulierung" der Parteien, die auf gesetzlichem Wege zu einer Positionierung im Hinblick auf die von ihnen zu ergreifenden Maßnahmen zur besseren Repräsentanz von Frauen im Bundestag einschließlich einer entsprechenden Berichtspflicht) angehalten werden sollten. Die Schwäche beider Modelle besteht nach dem Urteil vieler Paritätsbefürworter:innen in der Möglichkeit, dass sich Parteien - ähnlich wie beim Führungspositionengesetz für die Wirtschaft - der Berichtspflicht mit der Angabe "Null" entziehen könnten. Aus der Sicht des GesCh-Sprechers könnten beide Modelle eher dazu dienen, eine Paritätsregelung, die - wenn überhaupt - erst ab der übernächsten Bundestagswahl greifen könnte, generell zu torpedieren.

Frauenanteil aktuell bei 35 Prozent

Eine Reduzierung des derzeitigen Bundestages mit 736 auf 598 Abgeordnete würde den Wegfall von 138 Mandaten bedeuten. Dem Bundestag gehören aktuell (Stand 10.01.2023) 478 Männer (64,95 %) und 258 Frauen (35,05 %). Die prozentualen Anteile haben sich seit der Bundestagswahl 2021 geringfügíg verschoben. Nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 betrug der Frauenanteil noch 34,9 Prozent.

Derzeitiger Stand der Mandatsverteilung (10.01.2023):

FraktionMandate ingesamtMännerFrauenFrauenanteil %
SPD206 1198742,2
CDU/CSU1971514623,4
Bündnis '90/Die Grünen118487059,3
FDP92692325,0
AfD78681012,8
Linke39182153,8
Fraktionslos65116,6

Die Gesellschaft Chancengleichheit

Die Gesellschaft Chancengleichheit e.V. (https://www.chancengleichheit.de) wirkt in dem Bündnis ParitätJetzt! mit, dem die wichtigsten zivilgesellschaftlichen Organisationen (DGB, Deutscher Frauenrat etc.) angehören (Webseite: http://www.paritätjetzt.de/). Die Gesellschaft Chancengleichheit ist ideelle Kooperationspartnerin des zwd-POLITIKMAGAZINs.

Das Bündnis ParitätJetzt!

Das Bündnis basiert auf einem losen Zusammenwirken von mehr als 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Es wurde vom Verein "Parité in den Parlamenten e.V." und der ehemaligen Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth (CDU) initiiert. Holger H. Lührig ist auch einer der Vizepräsident:innen des Vereins "Parité in den Parlamenten e.V." (https://www.parite

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