zwd Berlin (hr).
Familie und Frauen: Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen wird aufgestockt
Dem Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) von Ressortchefin Franziska Giffey (SPD) sollen im kommenden Jahr 11,8 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Das ist im Vergleich zu 2019 ein Anstieg um rund 1,14 Milliarden Euro. „Wir investieren in eine gute Kinderbetreuung in Kita und Grundschule, sorgen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bekämpfen Kinderarmut“, kündigte Giffey an. So sind für das „Starke-Familien-Gesetz“ in 2020 869 Millionen Euro und damit nochmals 294 Millionen Euro mehr als in 2019 vorgesehen. Durch die darin enthaltene grundlegende Reform des Kinderzuschlags sollen nach Angaben des Ministeriums 1,2 Millionen mehr bedürftige Kinder erreicht werden. Die Ausgaben für das Elterngeld steigen aufgrund der positiven Lohnentwicklung gegenüber 2019 um 395 Millionen Euro auf insgesamt 7,25 Milliarden Euro. Für den Ausbau der Ganztagsbetreuung hatte die Bundesregierung eine Kostenbeteiligung von zwei Milliarden Euro zugesagt. So sind in den Jahren 2020 und 2021 jeweils 500 Millionen Euro für den Einzelplan des BMFSFJ und in gleicher Höhe für den Einzelplan des Bundesbildungsministerium (BMBF) vorgesehen.
Im Rahmen des „Gute-Kita-Gesetzes“ stellt der Bund den Ländern bis 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro für mehr Qualität in den Kitas und Entlastung der Eltern bei den Gebühren zur Verfügung, davon eine Milliarde Euro im Jahr 2020. Diese Mittel werden jedoch über den Finanzausgleich an die Länder gegeben und sind deshalb nicht beim BMFSFJ etatisiert. Für die Fachkräfteoffensive zur Gewinnung von mehr Erzieher*innen stehen im Jahr 2019 40 Millionen Euro und im Jahr 2020 60 Millionen Euro bereit. Sie startet im Sommer 2019 mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres. Damit können zunächst zusätzliche 2.500 praxisintegrierte vergütete Ausbildungsplätze gefördert werden.
Für die „Ausbildungsoffensive Pflege“ sind im Jahr 2020 rund 4,5 Millionen Euro vorgesehen. Das Geld fließt in die Vorbereitung und aktive Begleitung der neuen Pflegeausbildungen, die 2020 starten. Hierzu gehört unter anderem eine bundesweite Informations- und Öffentlichkeitskampagne sowie eine stärkere Beratung und Vernetzung in der Berufsorientierung durch das Beratungsteam Pflegeausbildung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
Die Mittel für das in 2019 gestartete Aktionsprogramm gegen Gewalt an Frauen werden um rund 29 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro aufgestockt. Damit sollen insbesondere der Zugang zu Einrichtungen und die Versorgung von besonderen Zielgruppen verbessert werden. Insgesamt sind bis 2023 120 Millionen Euro für Investitionen in eine bessere Struktur der Frauenhäuser vorgesehen.
Bildung und Forschung: Irritationen um vermeintliche Kürzungen
534 Millionen Euro weniger im Bildungsbereich als beantragt: So sahen die Eckwerte von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für das BMBF für das kommende Jahr aus. Bis 2023 war sogar ein Minus von 2,3 Milliarden Euro vorgesehen. „Fatales Signal“, „darf nicht das letzte Wort sein“: Deutlich, aber zurückhaltend hatte Ressortchefin Anja Karliczek (CDU) anschließend in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ die Kritik an den Plänen ihres Kabinettskollegen formuliert. Das letzte Wort war mit den seinerzeit gehandelten Kürzungen im Bildungsetat von 534 Millionen Euro dann in der Tat nicht gesprochen. Von einer Kürzung betroffen ist der entsprechende Einzelplan dennoch: So sinkt Karliczeks Budget im Jahr 2020 von 18,27 auf 18,20 Milliarden Euro. Laut der mittelfristigen Finanzplanung steigt es ab 2021 bis 2023 jedoch wieder jährlich an, auf dann über 18,6 Milliarden Euro. „In diesen vier Jahren investieren wir über 100 Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und Forschung“, erklärte der Bundesfinanzminister bei der Vorstellung der Zahlen am 26. Juni. Im kommenden Jahr bereits soll es u.a. eine Milliarde Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen geben. Auch für die BAföG-Erhöhung und den Digitalpakt Schule (aus technischen Gründen nicht im Bildungs-, sondern beim Etat des Finanzministeriums eingestellt) ist vereinbarungsgemäß Geld eingeplant.
„Die im Bildungsetat eingesparten 70 Millionen Euro steckt Scholz in die Erhöhung des Rentenzuschusses“, kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke. Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), forderte die Bundesregierung auf, die Schwerpunkte in den Zukunftsfeldern Bildung und Digitalisierung zu setzen. „Das lässt die derzeitige Haushaltsplanung leider vermissen.“ Die SPD-Bundestagsfraktion wies die Kritik zurück. „Auf der anderen Seite stehen massive Ausweitungen. 125 Millionen zusätzlich für das Aufstiegs-BAföG, mehr für Projekte für den digitalen Wandel in Bildung und Forschung, Personalgewinnung an Fachhochschulen, Begabtenförderung, Informationstechnologie, Forschungsinfrastrukturen und vieles mehr“, sagte der zuständige Berichterstatter Swen Schulz. Er kündigte an, seine Fraktion werde in den parlamentarischen Beratungen weitere Verbesserungen prüfen. Eine ausführliche Einordnung des neuen Bildungshaushalts und der Programmatik der Großen Koalition nimmt auch der Vorsitzende des Bildungsausschusses Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) in einem exklusiven Interview mit dem zwd-POLITIKMAGAZIN vor. Es erscheint in der kommenden Ausgabe (Nr. 370).
Kultur: Erneute Steigerung für Grütters
Die Bundesregierung wird ihre Ausgaben für Kultur und Medien im kommenden Jahr um über 58 Millionen Euro steigern. Der vom Kabinett verabschiedete Regierungsentwurf für den Haushalt 2020 sieht insgesamt über 1,82 Milliarden Euro für den Kulturetat vor. Das sind rund 3,3 Prozent mehr als im Vorjahr. „Die Bundesregierung setzt damit ein wichtiges Zeichen für den unverzichtbaren Wert der Kultur, die alles andere als ein Luxus, sondern elementar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land ist“, sagte Kulturstaatsministerin Prof.´in Monika Grütters (CDU). So stehen im kommenden Jahr für das von den Ländern kofinanzierte „Zukunftsprogramm Kino“ zusätzliche 15 Millionen Euro zur Verfügung. Ziel des Programms ist es, den Kulturort Kino zu stärken und zu erhalten, damit anspruchsvolle Kinofilme weiterhin auch in der Fläche abseits der großen Metropolen zu sehen sind. Der Etat für die Deutsche Welle wird um 15 Millionen Euro auf 365 Millionen Euro und damit weiter an das Niveau vergleichbarer europäischer Auslandssender herangeführt. Die Digitalisierung des Filmerbes sowie der Verlagspreis können weiterauf ihrem bisherigen Niveau fortgeführt werden.
Das Programm für Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Ostdeutschland wird auf das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt und auf 20 Millionen Euro verfünffacht. Das neue bundesweite BKM-Programm „Jugend erinnert“ zur Stärkung der Erinnerung an die Folgen von Diktatur und Gewaltherrschaft, für das bereits in der diesjährigen Anlaufphase zwei Millionen Euro zur Verfügung standen, wird auf fünf Millionen Euro aufgestockt. Der Etat der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste mit Sitz in Magdeburg wird um weitere 1,6 Millionen Euro angehoben. Die Stiftung fördert die Provenienzforschung zu NS-Raubkunst, aber auch zu Kulturgutverlusten in der ehemaligen DDR sowie verstärkt Forschung und Projektförderungen zu Kulturgut aus kolonialen Kontexten in Museen und Sammlungen.
Das Deutsche Historische Museum erhält 5,2 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind für 2020 gegenüber 2019 insbesondere für den Erhalt und die Arbeit ihrer zum Weltkulturerbe der Menschheit gehörenden Museen zusätzliche Mittel in Höhe von 6,8 Millionen Euro vorgesehen. Für die Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (Berlinale, Berliner Festspiele einschließlich Martin-Gropius-Bau, Haus der Kulturen der Welt) stehen gegenüber den bisherigen Planungen 3,7 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung.