Die Fragen und Antworten im Wortlaut:
zwd-POLITIKMAGAZIN: Planen Sie (persönlich), den Gesetzentwurf – ggf. als fraktionsübergreifende Initiative – erneut einzubringen? Oder sind Sie durch den Koalitionsvertrag gebunden, das zu unterlassen?
Carmen Wegge, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion: Als Sozialdemokratin ist für mich klar: Wenn Frauenrechte, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit auf dem Spiel stehen, dürfen wir uns nicht hinter formalen Grenzen verstecken. Ja, der Koalitionsvertrag setzt einen Rahmen – aber der hindert uns nicht daran, auch Verantwortung für die vielen betroffenen Frauen in diesem Land zu übernehmen. Wir brauchen eine Politik, die sich nicht wegduckt, sondern handelt. Ich bin auch in dieser Legislatur weiter entschlossen, in dieser Sache voranzukommen. Mir und uns als SPD-Fraktion war das in der vergangenen Legislaturperiode wichtig und wird das weiterhin so wichtig sein.
Halten Sie im Rückblick Modifikationen an Ihrem Gesetzentwurf für erwägenswert? (vgl. Anhörung im Rechtsausschuss).
Wegge: Gute Gesetzgebung lebt vom Dialog mit der Praxis und der Wissenschaft. Die Anhörung in der vergangenen Legislatur hat einige Punkte hervorgebracht, die wir in weiteren Überlegungen aufgreifen sollten. Als SPD ist uns klar: Wir müssen konkret und gleichzeitig rechtssicher sein. Genau das war und bleibt auch mein persönlicher Anspruch. Ich hoffe, dass wir irgendwann einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Parlaments vorlegen können, der die Realität der Betroffenen ernst nimmt, praktikabel ist, verfassungsfest umgesetzt werden kann und eine breite Mehrheit findet.
Falls diese Fragen noch nicht beantwortet werden können: Wie wollen Sie selbst mit dem Thema und mit welcher zeitlichen Perspektive weiter umgehen? Stichwort SPD-Bundesparteitag.
Wegge: Dieses Thema ist für uns nicht abgeschlossen – im Gegenteil. Wer glaubt, dass wir in der neuen Koalition nun dieses Thema weniger wichtig finden, der irrt. Wir führen diese Debatte weiter: im Parlament, in der Fraktion wie natürlich auch in der SPD und der Zivilgesellschaft. Der Bundesparteitag war aus meiner Sicht ein guter Ort, um auch nochmal klar unsere Position zu schärfen. Denn wenn wir als SPD für Freiheit, Gleichstellung und Menschenwürde stehen, dann müssen wir auch weiter hier liefern. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt.
Sie wollen also das Thema nicht den Linken überlassen, bei denen es offenbar entsprechende Planungen zu geben scheint?
Wegge: Es geht hier nicht um politischen Wettbewerb – es geht um die Selbstbestimmung der Frau über ihren eigenen Körper. Ich persönlich begrüße jede fundierte Initiative – aber ich bin der Meinung, dass wir das überparteilich aus der breiten Mitte der Gesellschaft heraus machen müssen. Dass sich nun auch der Bundesärztetag klar für eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen hat, ist ein starkes Signal und bestätigt auch das, was wir seit vielen Jahren sagen: Das Strafrecht ist der falsche Ort, um mit Schwangerschaftsabbrüchen umzugehen.