zwd-POLITIKMAGAZIN Nr. 334 : Der Kulturbetrieb als Männerdomäne: "Kunstwelt braucht beherztes Eintreten für Gleichstellung

16. Dezember 2015 // zwd (cd).

Nach einer Expertenanhörung waren sich die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien fraktionsübergreifend einig: Der Kulturbereich ist immer noch eine "Männerdomäne". Frauenquoten für Führungspositionen und Gremien seien unverzichtbar.

Außerdem in dieser Ausgabe:

  • Was Helmut Schmidt über einige Frauen "noch sagen wollte"
  • Prostituiertenschutzgesetz auf der Kippe
  • Global Gender Gap Report 2015
  • Ausstellung: Die Moderne der Frauen

  • TITELTHEMA: FRAUEN IM KULTURBETRIEB: DIE AVANTGARDE DER PREKÄREN VERHÄLTNISSE


    zwd Berlin (ig/cd). Der Kulturbereich stehe „für Fortschritt, für Innovation, für Nach-vorne-streben, sehr facettenreich, sehr bunt“. Doch gerade der erweise sich nicht als die „Speerspitze von Gleichberechtigung und zumindest offenkundig erkennbarer Emanzipation“: Er sei nach wie vor hartnäckig und widerstandsfähig eine Männderdomäne, jedenfalls bei Schlüsselpositionen. Mit diesen Worten leitete der Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses Siegmund Ehrmann (SPD) am 11. November ein Fachgespräch im Bundestag zur Gleichstellung im Kulturbereich ein. Den Ausgangspunkt hierfür bildete ein Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion zu dieser Thematik vom 14. Oktober vergangenen Jahres (Drs. 18/2881), der seit der ersten Beratung im Bundestagsplenum am 6. November 2014 im zuständigen Fachausschuss vor sich hindümpelte. Weil schon im Plenum vor
    Jahresfrist festgestellt worden war, dass man sich für das Thema Zeit nehmen müsse, um es „gründlich zu beraten“ (so die sPD-Bundestagsabgeordnete Hiltrud Lotze), wurden nun sechs Sachverständige geladen. Mit dem Ergebnis, dass viel zu tun bleibt.

    Seite 24

    FRAUEN & POLITIK


    GLOBAL GENDER GAP REPORT 2015
    Noch 118 Jahre bis zur Geschlechtergerechtigkeit
    In den letzten zehn Jahren hat sich die Chancengleichheit von Männern und Frauen weltweit um vier Prozent verbessert, im ökonomischen Bereich nur um drei Prozent. Der Global Gender Gap Report 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass noch weitere 118 Jahre vergehen müssen, bis sich bei linearer Hochrechnung der Entwicklung die ökonomische Schere – im Jahr 2133 – ganz geschlossen haben werde. Aus der Studie des World Economic Forum, das diese Studie jährlich durchführt, geht ferner hervor, dass Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz elf der 145 untersuchten Länder liegt und damit im Vergleich zum Vorjahr um eine Position im Ranking vorgerückt ist.
    Seite 10

    KOMMENTAR


    Holger H. Lührig über Helmut Schmidts Vermächtnis: Was Schmidt über einige Frauen "noch sagen wollte"

    „(...) Helmut Schmidt habe ich stets mit einer Mischung aus Bewunderung und Skepsis betrachtet: Auf der einen Seite sein entschiedenes Eintreten für die Notstandsgesetzgebung in der Ära der Großen Koalition 1968 oder für den NATO-Doppelbeschluss Anfang der 80er Jahre, das von mir jeweils kritisch beurteilt wurde, auf der anderen seine bewunderungswürdige Macher-Fähigkeit, schwierigste Herausforderungen zu meistern. Im einleitenden Kapitel zu seinem letzten Buch hat er mein schwankendes Urteil weiter verstärkt: Da bekannte er sich einerseits zu dem Vorbild „Marc Aurel“, dem römischen Kaiser, und verband damit zwei Tugenden: innere Gelassenheit und unbedingte Pflichterfüllung. Andererseits gab er zu erkennen, dass ihm auch im 95. Lebensjahr die französische Revolutionärin und Frauenrechtlerin Olympe de Gouges, die Verfasserin der Erklärung der Rechts der Frau und der Bürgerin, unbekannt geblieben war. Dabei war der Altkanzler kein ­Frauenfeind. Zu den Frauen, denen er in seinem letzten Buch seine Verehrung bezeugt hat, zählten die linksliberale FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher, aber auch – ausdrücklich erwähnt – die Ehefrauen von zwei Hamburger Schmidt-Freunden, Ilse Klasen (sie war verheiratet mit dem Ex-Bundesbank-Chef Karl Klasen) und Elsbeth Weichmann, die Frau von Herbert Weichmann, der 1965 Hamburger Bürgermeister wurde. (...)“
    ab Seite 3

    Hilda Lührig-Nockemann über Gleichberechtigung im Kulturbetrieb

    „(...) Museen spielen eine wichtige Rolle, um Frauen ins Rampenlicht zu heben. Von den 18 führenden, ehemals zum Leipziger Kreis gehörenden Kunstmuseen werden nur vier von einer Frau geleitet. Bei den 31 Kunsthochschulen sind es ebenfalls nur vier Rektorinnen (siehe nächste Seite). Doch wie soll ein Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern bei den Ankäufen von Exponaten und in den Ausstellungen, einschließlich der Einzelausstellungen, erreicht werden, wenn die Führungsetage traditionell und gut sichtbar männlich dominiert ist? Diese Fragestellung, die im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien am 12. November bei einem Fachgespräch mit Sachverständigen gestellt wurde, beantwortete Adrienne Goehler, ehemals Präsidentin der Hamburger Hochschule für bildende Kunst, so knapp wie unmissverständlich: „Frauen sind überall da unterrepräsentiert, wo es um Führungspositionen geht.“ Zugespitzt formuliert heißt das: je höher die Funktion, das Ansehen oder das Gehalt, desto geringer ist der Frauenanteil. Kein Novum, aber erstaunlich, denn schon seit 20 Jahren sind die weiblichen Studierenden an Kunsthochschulen in der Überzahl. Und niemand wird behaupten können, dass sie schlechter sind. (...)“
    ab Seite 6

    PROSTITUTIONSGESETZ
    Das Gesetz steht auf der Kippe
    zwd (ig/cd). Das geplante Prostitutionsgesetz steht in der gegenwärtigen Fassung eines Referentenentwurfs vor dem Scheitern. Das wurde aus einer Pressemitteilung deutlich, die der frauen- und familienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sönke Rix, am 27. November herausgegeben hat. Nach seiner Darstellung hatte das Bundesfrauenministerium den Referentenentwurf dieses Gesetzes nach Kritik aus den Ländern sowie aufgrund der Verbändeanhörungen überarbeitet und „deutlich entbürokratisiert“. Diese Änderungen, die teilweise auch auf Stellungnahmen aus dem Unionslager zurückgingen, habe die Union nun als „Aushöhlung des Entwurfs“ gerade abgelehnt, schrieb Rix in seiner Mitteilung.
    Seite 11

    BUNDESDELEGIERTENTAG FRAUEN-UNION
    Frauenunion für Quotierung bei Tarifkommissionen
    Die Frauen Union der CDU (FU) drängt auf eine ­Frauenquote in den Tarifkommissionen der Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen. Ein entsprechender Antrag, der von der CDU-Bundesfrauenvereinigung auf ihrem 31. Bundesdelegiertentag am letzten September-Wochenende in Kassel beschlossen worden war, ist jetzt auf deren Homepage unter www.frauenunion.de verfügbar. Kern des Antrags ist die Forderung an die Bundesregierung, jetzt die Weichen für mehr Lohngerechtigkeit zu stellen. Dazu müssten die rund 60.000 bestehenden Tarifverträge auf den Prüfstand gestellt werden. Die FU forderte die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vereinbarten Maßnahmen für mehr Lohngerechtigkeit jetzt „zügig“ umzusetzen.
    Seite 12

    zwd-DEBATTE:
    Gesetz zur steuerlichen Entlastung von Alleinerziehenden
    zwd (no/hr). Alleinerziehende in Deutschland genießen bislang noch immer nicht denselben steuerlichen Schutz wie Ehepaare, auch wenn diese kinderlos sind. Deshalb hatten die Regierungsparteien aufgrund einer Initiative der SPD im Koalitionsvertrag von 2013 bekundet, „die finanzielle Situation Alleinerziehender und Geschiedener“ zu verbessern und „die Höhe des Entlastungsbetrages zukünftig nach der Zahl der Kinder zu staffeln.“ Im Gesetzentwurf zur Anhebung des Grund- und Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags blieb dies jedoch unberücksichtigt. Das von Minister Wolfgang Schäuble (CDU) geleitete Bundesfinanzministerium (BMF) hatte bei dem Entlastungspaket für Familien die Alleinerziehenden schlichtweg außen vor gelassen. Erst aufgrund von Interventionen von Betroffenen-Verbänden, des DGB und des Bundesrates wurde der Entwurf zugunsten von unverheirateten Vätern und Müttern nachgebessert. Die steuerliche Ersparnis hält sich jedoch in Grenzen.
    ab Seite 13

    KOMMUNALE FRAUENBÜROS STARTEN KAMPAGNE
    Frauenarmut: „Mir fehlt was“

    zwd (ig). Mit einer bundesweiten Kampagne will die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros (BAG) auf die Armutsrisiken für Frauen im Lebensverlauf aufmerksam machen. Ihre zentrale These: Altersarmut greift um sich. Unter der Schirmfrauschaft von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig wollen die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ein Jahr lang mit einem Bündel an öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen verdeutlichen, dass Frauenarmut ein Ergebnis vielfältiger Benachteiligungen ist. Auch der Deutsche Frauenrat, der schon 2010 eine ähnliche Kampagne ins Leben gerufen hatte, unterstützte die Initiative und plädierte in einer Erklärung für die Bildung von Bündnissen gegen Frauenarmut.
    Seite 18

    HAUSHALT 2016: Mehr Geld für Wanka, Grütters und Schwesig

    Der Bundestag hat am 27. November den Haushalt für das Jahr 2016 verabschiedet. Die Abgeordneten entschieden sich in namentlicher Abstimmung mit 466 gegen 114 Stimmen für die Annahme der Regierungsvorlage in der durch den Haushaltsausschuss geänderten Fassung (Drs. 18/6124, 18/6125 und 18/6126). Trotz gestiegener Ausgaben durch die Flüchtlingszuwanderung will der Bundesfinanzminister in 2016 keine neuen Schulden aufnehmen. Der zwd gibt einen Überblick über die Einzelhaushalte im Bildungs-, Kultur- und Familienbereich.
    ab Seite 4.

    BILDUNG. GESELLSCHAFT & POLITIK



    GLEICHSTELLUNG AN HOCHSCHULEN
    „Kampf gehen die gläserne Decke“

    zwd (hr). Frauen sind in der Forschung vor allem in leitenden Funktionen trotz der steigenden Zahlen von Nachwuchswissenschaftlerinnen nach wie vor unterrepräsentiert. Doch woran liegt das? Immerhin stellen Frauen die Mehrheit bei den abgeschlossenen Studiengängen. Bei den Promotionen ist ihr Anteil jedoch bereits leicht geringer als der der Männer, bei den Professuren ist der Unterschied zu Ungunsten der Frauen noch einmal größer. Zudem sind sie öfter von befristeten Arbeitsverträgen betroffen und arbeiten häufiger in Teilzeit als ihre männlichen Kollegen. Um dieses Ungleichgewicht zu korrigieren, gibt es zahlreiche staatliche Anreizsysteme und Programme, die sich die Politik viel Geld kosten lässt. Die Erfolge stellen sich dabei jedoch nur langsam ein.
    Seite 21

    NOVELLE DES WISSENSCHAFTSZEITVERTRAGSGESETZES
    Nur ein Schritt in die richtige Richtung

    zwd (hr). Etwa 90 Prozent der Arbeitsverträge an deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind befristet, etwa die Hälfte davon hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr. Die dafür maßgeblich verantwortliche rechtliche Grundlage trägt die recht sperrige Bezeichnung „Wissenschaftszeitvertragsgesetz“ (WissZeitVG) und trat 2007 in Kraft. Jetzt hat die Bundesregierung auf die seit Jahren anhaltende Kritik von HochschulmitarbeiterInnen und ExpertInnen am WissZeitVG reagiert: Wie im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vereinbart, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine umfassende Novelle des Gesetzes erarbeitet.
    ab Seite 22

    KULTUR & POLITIK



    DIE FRAUEN DER MODERNE
    Ausstellungen, die den weiblichen Teil der Kunstgeschichte sichtbar machen

    zwd (no). Eine beachtliche Anzahl von Frauen hat der Kunst den Weg in die Moderne gewiesen. Dafür stehen nicht nur so berühmte Namen wie Hannah Höch, Käthe Kollwitz, Paula Modersohn-Becker, Gabriele Münter und Meret Oppenheim, sondern auch viele andere verborgen gebliebene oder wieder vergessene Protagonistinnen der Avantgarde. Auf den bekannten sowie den noch zu entdeckenden weiblichen Teil der Kunstgeschichte will die Kunsthalle Bielefeld den Blick richten. Mit der Ausstellung „Einfühlung und Abstraktion. Die Moderne der Frauen in Deutschland“ präsentiert sie malerische Werke von Künstlerinnen vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Diese Ausstellung haben wir zum Ausgangspunkt unserer Berichterstattung gemacht. Dabei steht Bielefeld nicht allein. Gleich an drei weiteren Orten haben sich KuratorInnen aufgemacht, den weiblichen Teil der Kunstgeschichte sichtbar zu machen – in der Frankfurter Kunsthalle Schirn wird die Herbstausstellung „STURM-Frauen“ gezeigt, das Edwin Scharff-Museum in Neu-Ulm widmet seine Ausstellung den „Malweibern von Paris“. In der Liebermann-Villa in Berlin -Wannsee werden vier Künstlerinnen der Berliner Secession präsentiert.
    ab Seite 27

    DIE LETZTE SEITE


    „WIR BRECHEN DAS SCHWEIGEN“
    Bundesweite Aufklärungskampagne zum internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen

    zwd (ig). Eine bundesweite Aufklärungskampagne hat das Bundesfrauenministerium anlässlich des diesjährigen internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen am 25. November gestartet. Unter dem Motto „Wir brechen das Schweigen“ will Ministerin Manuela Schwesig das Problem der Gewalt gegen Frauen noch mehr ins Bewusstsein rücken und dazu das Hilfetelefon für betroffene Frauen unter der (kostenfreien) Nummer 088000116016 bekannt machen.
    Seite 32

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