FILMFÖRDERUNG ENTWURF DER REGIERUNG : Filmgesetz mit Beirat für mehr Diversität: Kabinett billigt Reform

28. Mai 2024 // Ulrike Günther

Die Filmförderanstalt (FFA) soll im Entwurf des Filmfördergesetzes (FFG) von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (BKM, Die Grünen) als zentrale Einrichtung Filmabgaben und jurybasierte Finanzhilfen bündeln, ein Diversitätsbeirat Gleichstellung und Antidiskriminierung voranbringen. Filmverbände drängen auf Umsetzung der übrigen Vorhaben, Filmfrauen kritisieren unverbindliche Regelungen, treten für eine Quote im FFG ein.

Durch die Reform soll die Filmförderung flexibler und effizienter werden. - Bild: Pixabay/ geralt
Durch die Reform soll die Filmförderung flexibler und effizienter werden. - Bild: Pixabay/ geralt

zwd Berlin. Die Produktionsallianz, die Deutsche Filmakademie und die AG DOK befürworten die „Neuordnung der Filmförderinstrumente des Bundes“. Das Gesetzespaket der Beauftragten für Kultur und Medien Roth (BKM) bewerten sie als einen „zukunftsweisende(n) und ausgewogene(n) Entwurf“, der überkommene Strukturen grundlegend erneuere. In ökonomisch schwierigen Zeiten sei "der Reformentwurf von entscheidender Bedeutung für den Filmstandort Deutschland", erklärten die Filmvereine in einer Stellungnahme. Dieser biete die Chance, wirtschaftliches und kulturelles Potenzial in der bundesdeutschen Filmbranche noch besser zu entwickeln.

Filmverbände: Übrige Reform-Vorhaben parallel umsetzen

Die Verbände drängen darauf, parallel zur FFG-Änderung die übrigen, von der BKM angekündigten Bestrebungen des drei-Säulen-Programms – die Investitionsverpflichtung für Video-Dienste und Fernsehveranstalter:innen, Steueranreize für Film- und Serien-Hersteller:innen sowie kulturelle Filmförderung – umzusetzen, damit die Reform ihre ganze Kraft entfalten könne. Die von Kulturstaatsministerin Roth geplante Neuerung soll dazu beitragen, Filmförderung in der Bundesrepublik erfolgreich und zukunftsfähig zu machen. Der vom Bundeskabinett am 22. Mai bewilligte Entwurf für eine Änderung des FFG hat laut BKM das Ziel, Strukturen und Fördermaßnahmen flexibler, besser durchschaubar und effizienter machen. Roth nannte den Kabinettsbeschluss einen „wichtige(n) Schritt“, die Koalition habe damit ein zentrales kulturpolitisches Vorhaben dieser Legislatur in Angriff genommen. Außer der Reform der auf Jury-Vorschlägen basierenden, kulturellen Filmförderung sei das ein zweites, wesentliches Element der im Koalitionsvertrag anvisierten „Neuordnung der Filmförderung“. Dadurch werde der bundesdeutsche Film „deutlich gestärkt“.

Neuregelung stärkt Gender-Gerechtigkeit und Vielfalt

Das Gesetz verbessere „die Rahmenbedingungen für das Filmschaffen“ erheblich, betonte die Ministerin. Die Filmförderung würde dadurch „einfacher, transparenter, bürokratieärmer und so effizienter“. Darüber hinaus unterstütze die vorgeschlagene Reform „Selbstverantwortung und künstlerische Unabhängigkeit“ wirkungsvoller. Der Regierungsentwurf entwickle die FFA zu einer „zentralen Fördereinrichtung“ des Bundes weiter, die künftig Finanzhilfen für Filme über im FFG geregelte Abgaben und auf der Grundlage von Jury-Urteilen bündele. Die Reform erhöhe die „Selbstverwaltungsautonomie“ der FFA, heißt es dazu im Gesetzesvorschlag. Wie Roth hervorhob, bringe die Änderung des FFG das „Anliegen von Diversität, Geschlechtergerechtigkeit, Inklusion und Antidiskriminierung“ voran. Für diese Belange bestellt die FFA dem Entwurf zufolge einen geschlechtergerecht besetzten Diversitätsbeirat. Das Gremium soll die FFA bei betreffenden Fragen beraten und ist „rechtzeitig einzubeziehen“, seine Mitglieder sind derart auszuwählen, dass sie Vielfaltsdimensionen umfassend repräsentieren. Außerdem wird die Reform dem Vorschlag gemäß barrierefreie Film-Fassungen besser zugänglich machen.

Roth: Gesetz fördert „kreatives Potenzial“

Eine weitere Neuerung betrifft Regisseur:innen und Drehbuchautor:innen, die das Gesetz nach Aussagen der BKM angemessen an der Produktionsförderung beteilige. Demnach erhalten sowohl drehbuchschreibende als auch regieführende Personen 5 Prozent (max. 30.000 Euro) der – über sog. Referenzpunkte vergebenen – Fördermittel eines „programmfüllenden Films". Auf diese Weise werde das „kreative Potenzial schon mit Beginn der Entstehung eines Films unterstützt“, unterstrich Roth. Nach Angaben der Regierung soll die FFG-Änderung die Förderung von Produktion und Verleih ganz, von Projektkinos teilweise automatisieren. Somit würden die nach dem bisherigen Gesetz beauftragten Förderkommissionen und das mit deren Besetzung verbundene, aufwendige Verfahren entfallen. Auch die Bedingungen für finanzielle Hilfen für Lichtspielstätten gestalte das neue FFG attraktiver, erklärte Roth. U.a. ist vorgesehen, den Darlehens-Anteil der Mittel von 70 Prozent auf 50 Prozent abzusenken und die andere Hälfte als Zuschuss zu gewähren.

Film-Frauen für Geschlechter-Quote im FFG

Der Verein Pro Quote Film (PQF), in dem sich weibliche Filmschaffende für eine geschlechtergerechte Film- und Medienbranche engagieren, begrüßte ausdrücklich "die Schaffung eines Diversitätsbeirates". In einem offenen Schreiben an Kulturstaatsministerin Roth vom 24. April zeigte sich PQF jedoch angesichts der unverbindlichen Formulierung im Gesetzentwurf, wonach der FFA-Verwaltungsrat über eine Richtlinie Förderanreize für Diversität festlegen solle, "ehrlich enttäuscht". Die Filmfrauen, die sich vor allem für eine - von Roth vor ihrem Amtsantritt selbst verlangte - 50-prozentige Frauenquote bei der Filmförderung stark machen, gaben zu bedenken, in der vorliegenden Form könne das geplante Gremium bloß "einen geringen Effekt auf die Zielstellung einer diversen und chancengerechten Filmkultur" entfalten. Sei seien besorgt über die mangelnde rechtliche Verpflichtung im Gesetzesvorschlag.. Im neuen FFG eine Quote festzusetzen, bezeichnete PQF als eine "Frage des Bekenntnisses zur EU-Grundrechtecharta und des politischen Willens". Sie appellierten an die BKM, die "Ziele und Eckpfeiler des Diversitätsbeirates" deutlicher zu verankern. Auf jeden Fall seien konkrete Förderzwecke zu formulieren und ein zeitlicher Rahmen zu bestimmen, innerhalb dessen man zusammen mit dem FFA-Verwaltungsrat Richtlinien erarbeiten sollte.

Außerdem forderten die Filmschaffenden eine kooperativ mit den Verbänden zu entwickelnde Diversitätscheckliste, eine "kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung", um fehlende Gleichberechtigung bei der Fördervergabe zu untersuchen und zu dokumentieren sowie verpflichtende, förderfähige "Schulungen von Entscheidungsträger:innen" im Filmsektor. Länder mit eindeutigen Maßnahmen zugunsten von Chancengleichheit in Gesetzen zur Filmförderung würden eine Trendwende erreichen. Schon anlässlich der Vorstellung des Gesetzentwurfs im März hatte sich PQF auf das European Audiovisual Observatory von 2023 u.a. Studien berufen, die belegten, dass die Geschlechter in wichtigen Funktionen im europäischen Film immer noch ungleich verteilt seien, mit Frauenraten von ca. einem Drittel bis zu einem Viertel bei Produzent:innen (35 Prozent), Drehbuchautor:innen (29 Prozent) und Regisseur:innen (26 Prozent). Mit Hinweis auf erfolgreiche „Diversity Standards“ und „Gender Incentives“ in England und Österreich warb der Verein für „Quoten und Anreizsysteme“, um einen raschen, effektiven Kulturwandel in Richtung auf Gleichstellung und Vielfalt herbeizuführen. Neben einer paritätischen Vergabe von Fördersummen schlug PQF eine „Diversitätsquote“ von 30 Prozent und Anreize für „geschlechtergerechte() und diverse() Besetzungen“.vor. Das reformierte Gesetz soll ab dem 1. Januar 2025 gelten.









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