zwd Berlin. Die Gleichstellungs- und Frauenminister:innenkonferenz (GFMK) habe gezeigt, dass Gleichberechtigung entschiedenes Handeln erfordere, erklärte die FHK in einem Kommentar vom 30. Juni. Sie appelliert an die Bundesländer, die Versorgungslücken des Gewalthilfesystems zu beseitigen. Nur auf diese Art lasse sich gewährleisten, dass alle von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder in der Bundesrepublik künftig „tatsächlich Schutz und Unterstützung“ erhalten. Der Frauenrechtsverein sieht die Länder in der Pflicht, die Vorgaben aus dem neuen Gewalthilfegesetz konsequent umzusetzen.
FHK: Länder müssen bei Gewaltprävention nachsteuern
Überdies forderte die FHK, Gewaltprävention verstärkt in den Mittelpunkt zu rücken, was die Ergebnisse der aktuellen bundesweiten Bedarfsanalyse (zur Vorsorge geschlechtsbezogener und häuslicher Gewalt) bestätigten. Der Frauenverein kritisierte, dass die GFMK bei ihrer Tagung keine klaren Beschlüsse zu dem Thema gefasst habe, die Länder würden dafür in erster Linie die Verantwortung tragen. Das mache deutlich, „dass hier dringend nachgesteuert“ werden müsse. Überdies wies die FHK darauf hin, dass digitale Gewalt in steigendem Maße Frauen wie Kinder betreffe, daher sei diese als „eigene Dimension von Gewalt“ anzuerkennen. Der Verband trete dafür ein, dass die Bundesregierung das digitale Gewaltschutzgesetz auflege, um für betroffene Frauen und Kindern umfassende Unterstützung sicherzustellen.
Ein „besorgniserregender Trend“ bedrohe Grundwerte der Demokratie sowie mühsam erkämpfte Rechte von Frauen und Minderheiten, hob die Staatssekretärin des Bundesfamilienministeriums (BMBFSFJ) Dr. Petra Bahr (CDU) anlässlich der 35. GFMK am 27. Juni hervor. Die von den Minister:innen einstimmig abgegebene Erklärung nannte sie ein „starkes Signal“ vom Bund und den Ländern "für Gleichstellung und eine wehrhafte Gesellschaft“. Bahr versicherte, die Koalitionsregierung setze sich für Chancengleichheit, Gewaltschutz und Ausbau familienfreundlicher Infrastruktur ein.
Die Grünen: Gleichstellung Grundlage einer offenen Gesellschaft
Die nordrhein-westfälische Gleichstellungsministerin Paul, unter deren Vorsitz die Hauptkonferenz der GFMK vom 26. bis 27. Juni im Ruhrgebiet stattfand, betonte, moderne Frauenpolitik sei „auf allen Ebenen unerlässlich“. Mit der gemeinsamen Deklaration und den vereinbarten Beschlüssen hätten die Länderminister:innen die Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit als „wichtige Grundlage unserer offenen Gesellschaft“ bekräftigt. Die Unterzeichner:innen hätten den Anspruch formuliert, man müsse „alle Perspektiven bei politischen Entscheidungen“ einbeziehen. Darüber hinaus machte Paul verbesserten Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt als vorrangiges Anliegen der GFMK deutlich. Wie die FHK drängte die Ministerin alle beteiligten Seiten, die Realisierung des Gewalthilfegesetzes voranzubringen. Im Fokus der 35. GFMK stand nach eigenen Angaben die Überzeugung, dass Gleichstellungspolitik für Demokratie entscheidend sei.
GFMK: Geschlechtergerechtigkeit für stabile Demokratie wesentlich
In dem gemeinsamen Beschluss bemerken die Frauenminister:innen, die plurale, freiheitliche Demokratie sei zunehmend gefährdet. Durch neuere Entwicklungen, wie digitalen Wandel, ökologische Transformation, Konflikte, soziale Ungleichheit, Migrationsprozesse, würden sich Gleichberechtigungs-Ziele besonderen Herausforderungen gegenübersehen. Im Kontext gesellschaftlicher Umbrüche und differenzierter Interessenslagen sei es erforderlich, den Blick auf intersektionale Benachteiligungen zu richten. Die angespannte Situation öffentlicher Haushalte habe Diskussionen über festzulegende politische Prioritäten zur Folge. Angesichts des in der Gesellschaft teilweise schwindenden Vertrauens in die staatlichen Institutionen, des Anzweifelns weiblicher Selbstbestimmung durch menschenfeindliche Ideologien und des Anstiegs bei geschlechtsspezifischer Gewalt an Frauen stellte die GFMK den bedeutsamen Beitrag heraus, den Geschlechtergerechtigkeit zu einer stabilen Demokratie leistet.
Länderminister:innen: Gleichheitsprinzip der Verfassung durchsetzen
Die Frauenminister:innen monieren, dass das Gleichheitsprinzip in Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) bisher – u.a. bei Führungspositionen, Entgelthöhe, geschlechtsspezifischer Berufswahl, finanzieller Absicherung und Digitalisierung - nicht eingelöst sei. Sie verlangen daher, den Verfassungsauftrag „in allen gesellschaftlichen Bereichen“ durchzusetzen, wobei es einer „erweiterten Perspektive auf Gleichstellungspolitik“ bedürfe. Sie engagieren sich dafür, Diversität in Lebenslagen und -entwürfen stärker zu berücksichtigen. Insbesondere vulnerable Gruppen, z.B. Frauen mit Migrationshintergrund oder Beeinträchtigungen und Menschen mit nicht-binärer geschlechtlicher Identität, hätten Recht auf uneingeschränkte Teilhabe und gleiche Chancen.
Gleichstellungspolitik solle danach streben, dass „Pluralität ohne Diskriminierung auf der Basis der Grundrechte“ gelebt werden könne. Die Minister:innen konstatieren, dass sich Desinformation und Hetze vor allem gegen Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen sowie Selbstbestimmung unabhängig von sexueller Orientierung wenden würden, was gleiche Teilhabe im analogen wie im digitalen Raum gefährde. Ebenso unterstreichen die Frauenminister:innen, weibliche Emanzipation könne bloß erfolgreich sein, wenn Gewalt an Mädchen und Frauen entschlossen bekämpft würde. Für eine langfristige Gewaltfreiheit halten sie verbesserte Prävention und Abkehr von geschlechtsbezogenen Rollenstereotypen für wesentlich. Dabei gelte es zu beachten, dass auch Männer von Gewalt betroffen sein und Unterstützung suchen können. Männliche Vorbilder, die Konflikte ohne Anwenden von Gewalt regeln, seien für Jungen wie Mädchen wichtig.