17 Frauenverbände fordern eine bessere Wahrnehmung von Fraueninteressen bei der kommenden Bundestagswahl. Mit der Berliner Erklärung 2017 wenden sich die Verbände an die Parteien und erklären gleiche Teilhabe und gleiche Bezahlung von Frauen sowie Verbindlichkeit, Transparenz und Monitoring von Gleichstellungspolitik zu den zentralen Zielen in ihrem Forderungskatalog. Dieser wird in den nächsten zwei Tagen an Vertreter*innen der zur Wahl stehenden Parteien übergeben.
Aus der CDU wird Annegret Kramp-Karrenbauer das Papier entgegennehmen, aus der SPD Martin Schulz, Katrin Göring-Eckardt für Bündnis90/Die Grünen, Dietmar Bartsch für Die Linke, Katja Suding in Vertretung für Christian Lindner aus der FDP und Joachim Herrmann für die CSU.
In der Berliner Erklärung heißt es: „Die Gleichberechtigung von Frauen in Arbeitswelt und Gesellschaft kommt zu langsam und nicht entschieden genug voran. Es ist höchste Zeit für weitere Schritte – und zwar in der kommenden Wahlperiode“.
Aus der Berliner Erklärung 2017:
1. Gleiche Teilhabe
Für die Privatwirtschaft fordern wir:
für die Aufsichtsräte auch der Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, eine feste Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent bei Neubesetzungen ab 2018 sowie ihre Ausweitung auf alle Unternehmensrechtsformen (SE, Ltd & Co KG), auch ausländische (britische Public Limited Company) für die operativen Führungsebenen (Vorstand und zumindest die beiden darunterliegenden Ebenen) eine Zielgröße von jeweils mindestens 30 Prozent Frauen sowie die Einführung wirksamer Sanktionen: für den Fall der Nichterreichung der Geschlechterquote in Aufsichtsräten, z.B. leerer Stuhl, Nichtigkeit von Beschlüssen für den Fall, dass die transparente Veröffentlichung von Zielgrößen oder von Gründen für ihre etwaige Nichterreichung unterlassen wird, z.B. finanzielle Sanktionen, Einschränkung des Prüfvermerks für den Fall der Nichterreichung der mindestens 30 Prozent-Zielgrößen z.B. die Pflicht, die Gründe im Einzelnen nachvollziehbar offenzulegen und von einer geeigneten Stelle überprüfen zu lassen, die öffentlich hierzu Stellung nimmt.
Für die Bereiche Medien, Kultur, Medizin und Wissenschaft fordern wir:
die paritätische Besetzung der jeweiligen Aufsichts-, Beratungs- und Vergabegremien (wie z.B. Fördermittelentscheidungsgremien, Selbstverwaltungsgremien, gewählte Ärztegremien, Berufungskommissionen), die Vergabe öffentlicher Aufträge und Fördermittel an mindestens 40 Prozent Frauen verbindliche Zielgrößen von mindestens 30 Prozent Frauen in den jeweiligen Führungspositionen.
Für Politik und Parlamente fordern wir:
in der kommenden Legislaturperiode für die Wahlen zum Bundestag ein verfassungskonformes Paritätsgesetz auf den Weg zu bringen.
2. Gleiche Bezahlung
Das Gesetz für Entgelttransparenz ist ein erster Schritt, um geschlechterspezifische Entgeltunterschiede zu erkennen und zu beheben. Wir halten jedoch weitergehende gesetzliche Regelungen und weitere Maßnahmen für notwendig: u.a.
transparente, umfassende Prüfverfahren zur geschlechterdifferenzierten Entgeltanalyse in allen Betrieben mit Betriebsratspflicht, Abschaffung des Ehegattensplittings in seiner jetzigen Form, bei angemessenen Übergangszeiten, Einführung eines Unterrichtsfachs Wirtschaft und Lebensökonomie als Pflichtfach sowie eines Pflichtfachs Informatik/Technik.
3. Verbindlichkeit, Transparenz und Monitoring von Gleichstellungspolitik
Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist in § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien als „durchgängiges Leitprinzip“ vorgegeben. Wir fordern dessen verbindliche Anwendung, z.B.
indem sich alle Ressorts – nicht nur das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – dieser Querschnittsaufgabe entsprechend qualifizieren und strukturell-organisatorisch aufstellen, durch die Entwicklung eines Nationalen Aktionsplans mit Zielen, Indikatoren und Maßnahmen, um die unter 1. und 2. genannten Forderungen zu erreichen, durch die Erhebung, die Auswertung und das Monitoring relevanter Daten, um die Umsetzung bzw. die Wirksamkeit der für die Forderungen relevanten Gesetze zu evaluieren, durch die Verankerung von wirksamen Sanktionen in den gesetzlichen Regelungen, durch die geschlechtergerechte Vergabe öffentlicher Fördermittel und öffentlicher Aufträge und die Einführung von Gender Budgeting im Bundeshaushalt sowie durch die Einrichtung einer Beratungs-, Service- und Transferstelle, um Gleichstellungspolitik kontinuierlich zu unterstützen.
Weitere Informationen sowie die Liste der beteiligten Frauenverbände sind unter "Berliner Erklärung 2017" einzusehen.