Mit den neuesten Daten aus 2022 hat die DJI-Studie aufgezeigt, dass der Bedarf der Eltern an außerunterrichtlicher Bildung und Betreuung für ihre Grundschulkinder auch weiterhin nicht durch die vorhandenen Angebote gedeckt werden kann. Deutlich stellen die Autor:innen heraus, der derzeitige Platzmangel es einigen Familien besonders schwer mache, ihre eigentlich vorhandenen Bedarfswünsche in die Nutzung eines Angebots zu verwandeln: Die Ungleichheiten im Zugang verstärkten sich sogar über die letzten Jahre hinweg. Bei vorhandenem Bedarf gelingt es Familien mit Migrationshintergrund sowie solchen mit niedrigerer Bildung immer weniger gut, einen Betreuungsplatz zu bekommen als Familien ohne Migrationshintergrund oder mit höherer Bildung.
Das Ziel, die Teilhabe für alle Kinder zu verbessern und so zu gleichwertigen Lebensbedingungen beizutragen, wird laut DJI-Studie aktuell nicht erfüllt, obwohl ein Bedarf der Eltern besteht - fünf Prozent aller Grundschulkinder in Deutschland besuchten kein außerunterrichtliches Angebot, obwohl die Eltern einen Bedarf angemeldet haben. Eine solche Lücke zeigt sich in nahezu allen Bundesländern. Weitere drei Prozent nutzten zwar ein Angebot, dessen Umfang war jedoch mindestens fünf Stunden pro Woche geringer ist als die Eltern es benötigten. Um Familien ein bedarfsgerechtes Angebot unterbreiten zu können, sind weitere Ausbaubemühungen nötig.
Entwicklung des Betreuungsbedarfs stagniert
Bis zum Jahr 2018 stieg der Bedarf an außerunterrichtlichen Angeboten nahezu parallel zum Anteil der Kinder an, die ein solches Angebot nutzten. Seit 2019 stagniert dieser Anstieg jedoch sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland. Im Zuge des Platzausbaus in Westdeutschland hat sich trotz bis 2020 gestiegener Inanspruchnahme die Lücke zwischen Bedarf und Inanspruchnahme in den letzten Jahren deutlich verringert. Trotzdem müssen, wie die Studie hervorhebt, weitere Betreuungsplätzen geschaffen werden. Dies gilt gerade auch mit Blick auf den ab 2026 bis 2030 geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung.
Nur ein Teil der Eltern wünschte ganztägige Angebote
Nach Einschätzung des DJI war der Ausbau der Betreuungsangebote in den vergangenen Jahren war sehr stark auf Ganztag fokussiert. Allerdings belegen die KiBS-Daten wiederholt, dass in einigen Bundesländern ein Teil der Eltern kürzere Betreuungsangebote, zum Beispiel über die Mittagszeit, nachfragt, nutzt und damit seine Bedarfe decken kann. Die Entscheidungsträger in den Ländern sollten daher auch Konzepte entwickeln, wie eine solche Übermittagsbetreuung von Grundschulkindern qualitätsvoll gestaltet werden kann.
Der Hintergrund: DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) nach Angaben des DJI:
Seit sieben Jahren erarbeitet das KiBS-Team jährlich eine Reihe von vertieften Analysen, die im Format des DJI-Kinderbetreuungsreports als thematisch fokussierte Studien frei verfügbar sind. Zu den jährlich wiederkehrenden Themen gehören dabei die Fortschreibung der elterlichen Bedarfe an und die aktuelle Nutzung von Angeboten der frühen Bildung durch Kinder ab der Geburt bis zum Ende des Grundschulalters. Die Auswertungen beschäftigen sich aber beispielsweise auch mit den Elternbeiträgen für die Nutzung von Angeboten, den Gründen für eine Nichtinanspruchnahme von Kindertagesbetreuung oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
In Studie 5 des DJI-Kinderbetreuungsreports 2022 werden so Unterschiede im Eintrittsalter der Kinder in die frühe Bildung und in der Kontinuität der Angebotsnutzung bei Kindern bis zur Einschulung untersucht. Disparitäten finden sich beispielsweise in Bezug auf die Wohnregion der Familie oder das genutzte Betreuungsformat: Während Kinder in Ostdeutschland mit durchschnittlich 16 Monaten erstmalig ein Angebot der frühen Bildung außerhalb der Familie nutzten, waren die Kinder in Westdeutschland beim Eintritt durchschnittlich 23 Monate alt. Im Durchschnitt waren Kinder, die eine Kindertagespflege besuchten, beim Eintritt jünger als diejenigen, die ihre Bildungskarriere in einer Kindertageseinrichtung starteten. Darüber hinaus finden sich Zusammenhänge zwischen dem Eintrittsalter und dem Bildungsstand der Eltern sowie dem Migrationshintergrund des Kindes. Kinder mit Migrationshintergrund treten etwas später in die frühe Bildung ein, Kinder von Eltern mit höheren Bildungshintergründen deutlich früher.
In Studie 3 des DJI-Kinderbetreuungsreports 2022 wird die Situation rund um den Schuleintritt betrachtet. Vor dem Hintergrund des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung für Grundschulkinder werden Einblicke in den zukünftigen Betreuungsbedarf der Eltern von Vorschulkindern gegeben. Zudem kann aufgezeigt werden, inwiefern diese Bedarfe nach dem Schuleintritt umgesetzt werden. Die meisten Eltern, die vor Schuleintritt ein außerunterrichtliches Angebot wünschten, nutzten ein solches auch nach der Einschulung ihres Kindes. Jedoch zeigen die Daten der Befragungen 2020 und 2021 auch, dass jede zehnte Familie, die vorschulisch einen Bedarf nach einem Angebot der außerunterrichtlichen Bildung und Betreuung angab, dies im ersten Schuljahr nicht tat. Ungedeckte Bedarfe im ersten Schuljahr äußerte trotzdem nur ein kleiner Teil der Eltern, da die meisten Eltern, die ihren vorschulischen Betreuungswunsch nicht umsetzen konnten, in der Zwischenzeit eine andere Betreuungslösung für ihr Kind gefunden hatten.