DIE MEINUNG VON Dr.in LINA SEIZL (MdB/SPD) : Koalition darf sich nach der 27. BAföG-Novelle nicht ausruhen

5. Januar 2023 // Lina Seitzl, MdB

Die von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachten Entlastungspakete für Studierende dürfen nach Auffassung der hochschulpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Lina Seitzl kein Anlass sein, sich darauf auszuruhen. In ihrem zwd-Beitrag setzt sich die Konstanzer Bundestagsabgeordnete dafür ein, dass das BAföG mit der weiteren großen Reform zurück in die Mitte der Gesellschaft geholt wird.

Lina Seitzl, Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für Hochschulpolitik im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung:

Gemeinsam kraftvoll durch den Winter

Die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind weltweit zu spüren. Putin nutzt Energie als Waffe. Das treibt die Inflation in die Höhe. Das Ergebnis sind stark gestiegene Lebenshaltungskosten, die insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen belasten und ihr Armutsrisiko erhöhen. Hierzu gehören insbesondere auch junge Menschen in Ausbildung, die sich mit gestiegenen Wohnnebenkosten und Lebensmittelpreisen konfrontiert sehen.

Umso notwendiger ist zielgerichtetes und entschlossenes Regierungshandeln. Hierfür hat die Ampelkoalition drei schlagkräftige Entlastungspakete in Höhe von 95 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, wovon nicht zuletzt Studierende, Auszubildende sowie Fachschülerinnen und Fachschüler spürbar profitieren. Mit diesem Maßnahmenbündel macht die Bundesregierung klar, dass niemand in diesen Krisenzeiten mit der gestiegenen finanziellen Last alleine gelassen wird. Dazu kommen Mittel in Höhe von 200 Milliarden Euro, mit denen die Gas- und Strompreise bezahlbar gehalten werden sollen. Eine Menge Geld. Doch kommt das auch an?

Um mit dem Mythos aufzuräumen, junge Menschen kämen bei den Entlastungspaketen zu kurz, möchte ich im Folgenden aufzeigen, dass gerade diese Gruppe auf vielfache Weise von den Entlastungsmaßnahmen profitiert:

Für BAföG-Empfänger:innen, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, ist es gelungen, den Heizkostenzuschuss I und II für sie zu öffnen. So erhalten sie direkt über die BAföG-Ämter einen Zuschuss in Höhe von 230 Euro aus Paket I und 345 Euro aus Paket II.

Zudem haben wir im Rahmen des jüngsten Entlastungspakets eine Einmalzahlung von 200 Euro für alle Studierenden und Fachschülerinnen und -schüler beschlossen. Unter Hochdruck wird derzeit an einer unbürokratischen und schnellen Auszahlungsmöglichkeit gearbeitet, damit das Geld zeitnah auf den Konten der jungen Menschen ankommt.

Darüber hinaus werden Studierende, Auszubildende und Fachschüler:innen auch durch die weiteren Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung unterstützt. Hierzu gehören beispielsweise die Kindergelderhöhung, die Anhebung der Minijob-Verdienstgrenze oder auch die Energiepreispauschale von 300 Euro, von der auch zahlreiche Studierende mit Nebenjob profitieren.

Dass junge Menschen in Ausbildung natürlich von weiteren beschlossenen Maßnahmen wie der Strom- und Gaspreisbremse, dem 9-Euro-Ticket und der Abschaffung der EEG-Umlage profitieren bzw. in der Vergangenheit profitiert haben, ist selbsterklärend. Bei der konkreten Hilfe für Studierende und Auszubildende ist es jetzt aber zentral, dass sie schnell und unbürokratisch diejenigen erreicht, die sie dringend brauchen. Hierfür müssen Bund und Länder eng zusammenarbeiten. Politische Spielchen sollten in dieser für die Bevölkerung so schwierigen Lage keine Rolle spielen. Es zählt was bei den Betroffenen tatsächlich ankommt.

Der wichtigste Hebel zur Unterstützung von Studierenden bleibt nichtsdestotrotz ein inklusives und modernes BAföG. Hierfür wurden bereits zu Beginn der Legislatur wichtige erste Schritte eingeleitet. Die gerade in Kraft getretene 27. Novelle sieht die dringend notwendigen Erhöhung der Bedarfssätze ebenso vor wie die deutliche Erhöhung des Kreises der Anspruchsberechtigten. Mit großzügigeren Elternfreibeträgen (+20,75%) und einer Anhebung der Altersgrenze auf 45 Jahre, haben jetzt deutlich mehr Menschen Anspruch auf BAföG .

Darauf darf sich die Ampelkoalition aber nicht ausruhen. Das Herzstück der angestrebten BAföG-Modernisierung sind große strukturelle Reformen, die für die zweite Hälfte der Legislatur geplant ist. Neben einem elternunabhängigen Garantiebetrag und Verfahrensvereinfachungen sind die Verlängerung der Förderhöchstdauer, die Erleichterung des Studienfachwechsels, die Prüfung von Teilzeitförderung und die Studienstarthilfe für Studienbeginner:innen aus Bedarfsgemeinschaften fest vereinbart. Auch die Absenkung des Darlehensanteils und ein zinsfreies Volldarlehen werden im Koalitionsvertrag aufgelistet. Diese Reform ist dringend notwendig und sorgt dafür, dass das BAföG zurück in die Mitte der Gesellschaft geholt wird.

Neben einer auskömmlichen und sorgenfreien Ausbildungsfinanzierung gehört die Offenhaltung des Hochschulcampus zu einer der wichtigsten Maßnahmen zur Unterstützung von Studierenden. Denn nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schwerwiegend die psychosozialen Folgen für junge Menschen sein können, die mit der Schließung der Hochschulen und damit der sozialen Isolation einhergingen. Umso wichtiger ist es, Begegnungsräume offen zu halten, die Normalität an den Hochschulen - im Rahmen der Möglichkeiten – wieder einkehren zu lassen und die Last der Krise nicht auf die Einzelhaushalte abzuladen.

Besonders positiv ist daher der gemeinsame Konsens von Bund, Ländern und HRK, die Schulen und Hochschulen offen zu halten. Dies unterstrich die gemeinsame Kultusministerkonferenz (KMK) mit ihrem Beschluss Anfang September. Die Listung der Schulen und Hochschulen als besonders schützenswerte Einrichtungen durch die Bundesnetzagentur ist ein wichtiges Signal. Darüber hinaus wird es notwendig sein, die Studierendenwerke in den Kreis der geschützten Kunden aufzunehmen, damit die Preissteigerungen der Mensen und Wohnheimsplätze nicht an die Studierenden ausgelagert werden.

Die Ampelkoalition ist sich der multiplen Herausforderungen der kommenden Monate bewusst und tut alles dafür, so zielgerichtet wie möglich zu entlasten und vulnerable Gruppen zu unterstützen. Mit den bereits eingeleiteten Maßnahmenpaketen bin ich optimistisch, dass wir diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung meistern werden.

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