ZAHLEN ZUR PARTNERSCHAFTSGEWALT : Montags, donnerstags und sonntags

21. November 2018 // Julia Trippo

Es können auch andere Wochentage sein - trotzdem steht fest: Häufiger als jeden dritten Tag starb letztes Jahr eine Frau in Deutschland durch Partnerschaftsgewalt. Dies geht aus der Auswertung des Bundeskriminalamts 2017 hervor, die Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag vorgestellt hat.

Petra Söchting (Leiterin des Hilfetelefons), Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) und die Bochumer Gleichstellungsbeauftragte Regina Czajka (v.l.n.r.). - Bild: zwd
Petra Söchting (Leiterin des Hilfetelefons), Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) und die Bochumer Gleichstellungsbeauftragte Regina Czajka (v.l.n.r.). - Bild: zwd

zwd Berlin. Aus dieser geht hervor, dass rund 114.000 Straftaten gegen Frauen gerichtet waren, also rund 82 Prozent von den insgesamt 139.000 erfassten Straftaten. Das Geschlechterverhältnis der Tatverdächtigen war dazu analog: So waren von den rund 116.000 Tatverdächtigen 80,6 Prozent männlich und 19,4 weiblich.

Die Studie hatte Delikte wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung sowie einfache und schwere Körperverletzung untersucht. Neu hinzugenommen wurden die Kategorien Bedrohung, Stalking und Nötigung, Zuhälterei und Zwangsprostitution. So wurden letztes Jahr insgesamt 141 Frauen von ihren (Ex-)Partnern ermordet, sechs Opfer starben an den Folgen schwerer Körperverletzung. Für ein modernes, fortschrittliches Land wie Deutschland sei dies eine unvorstellbare Größenordnung, so Giffey. Die Zahlen seien "schockierend".

Die Opfer sind hauptsächlich Frauen, die Täter meist männlich

Partnerschaftsgewalt passiert oft in den eigenen vier Wänden. So lebte die Hälfte der 2017 erfassten Opfer von Partnerschaftsgewalt mit dem/der Tatverdächtigen in einem gemeinsamen Haushalt. „Für viele Frauen ist das eigene Zuhause ein gefährlicher Ort“, erklärte Giffey. Obwohl häuslicher und partnerschaftlicher Gewalt oft meist Frauen zum Opfer fallen, ist dies jedoch nicht ausschließlich ein weibliches Problem. So waren von den erfassten Straftaten insgesamt 18 Prozent männliche Opfer. Im Jahr 2017 starben sogar 23 Männer an Partnerschaftsgewalt. "Auch wenn Frauen von Partnerschaftsgewalt wesentlich häufiger betroffen sind, müssen wir uns dem Thema Gewalt an Männer auch stellen", mahnte die Bundesfrauenministerin.

Zwei Drittel der männlichen Täter sind deutsche Staatsbürger

Die Anspielung einer bei der Pressekonferenz anwesenden Medienvertreterin, ob der Kulturkreis oder die Nationalität eine Rolle spiele, wies Giffey zurück. „Ich finde es wichtig, dass wir nicht so tun, als käme Gewalt gegen Frauen nur von außen“, machte sie klar. In den Medien würden Einzelfälle oft hochgespielt, die zu einem verzerrten Bild führten. Von den erfassten Straftätern waren rund 67,8 Prozent deutsche Staatsangehörige, also mehr als zwei Drittel.

Laut der vorgestellten Statistik ist die Gefahr der Gewalt bei schweren sozialen Verhältnissen höher. Die meisten Gewalttaten passierten zudem in der Altersgruppe von 30-39 Jahren. In 23 Prozent der Fälle stand der*die Täter*in darüber hinaus unter Alkoholeinfluss.

Alle Zahlen der Statistik werden als sogenannte "Hellfelddaten" eingestuft. Demnach wird geschätzt, dass die Dunkelziffer von Opfern von Partnerschaftsgewalt deutlich höher ist. Es wird zudem angenommen, dass lediglich 20 Prozent der Betroffenen Anzeige erstatten oder Unterstützung suchen.

Neue Kampagne zum Hilfetelefon "Gewalt an Frauen"

Ministerin Giffey stellte bei der Veranstaltung im Ministerium auch die neue Kampagne zum Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" vor. Diese will Frauen ermutigen, sich bei Gewalterfahrung Hilfe zu holen. Das Hilfetelefon, das es seit fünf Jahren gibt, sei ein wichtiger Baustein im Beratungs-und Unterstützungssystem für Frauen, erklärte Giffey. Frauen, die Gewalt erfahren haben, können bei dem Angebot anonym, barrierefrei und in 17 verschiedenen Sprachen rund um die Uhr unter 08000116016 Hilfe bekommen.

Der zwd hatte vor der Vorstellung der Studie durch die Bundesfrauenministerin am Dienstag bereits ausführlich über die Studie des Bundeskriminalamts zu Femiziden berichtet (s.u.).

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