§ 219a : Verfahren gegen Kristina Hänel wegen Paragraf 219a wird neu aufgerollt

3. Juli 2019 // Julia Trippo

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat das Urteil gegen die Ärztin Kristina Hänel wegen illegaler Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aufgehoben. Eine andere Kammer des Gießener Landgerichts muss das Verfahren neu aufrollen. Als Reaktion darauf verlangten Oppositionspolitiker*innen im Bundestag erneut die Abschaffung des umstrittenen Strafrechtsparagrafen 219a.

zwd Frankfurt. Das Urteil des Landgerichtes Gießen habe „aufgrund einer nach Erlass des Urteils eingetretenen Gesetzesänderung“ keinen Bestand mehr, so heißt es in der Begründung des Oberlandesgerichtes. Ferner könne der Senat des Oberlandesgerichtes Frankfurt nicht ausschließen, dass die Neuerung von Paragraf 219a zu einem günstigeren Urteil für die Angeklagte führen könnte.

In seinem Urteil rügte das Oberlandesgericht Frankfurt, dass das Berufungsurteil des Landgerichts Gießen nicht die Prüfung ermöglicht habe, ob das der Angeklagten vorgeworfene Verhalten strafbar sei. Dies zwinge auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Das Landgericht Gießen hätte vielmehr, so die Schelte des Oberlandesgerichts Frankfurt, den genauen Inhalt der Homepage im Urteil mitteilen müssen. Zwar seien in der Hauptverhandlung Ausdrucke des maßgeblichen Internetauftritts zur Tatzeit verlesen worden, aber nicht in die Urteilsgründe aufgenommen worden. Das Gericht erinnerte an den Ausnahmetatbestand des Paragrafen 219a Abs. 4 StGB. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass nach Reform des Paragrafen 219a „bloße Informationen darüber, dass nach § 218a Abs. 1 bis 3 StGB straflose oder nicht rechtswidrige Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, nicht mehr unter § 219a Abs. 1 StGB fallen." Werbung hingegen sei weiterhin verboten. Die Frankfurter Oberinstanz stellte fest, dass durch die neue Rechtslage - im Gegensatz zur vorherigen Regelung, die zur Tatzeit bestand - ein milderes Recht zu Grunde zu legen sei (als Konsequenz aus § 2 Abs. 3 StGB). Deshalb könne nicht ausgeschlossen werden, „dass die Anwendung des neuen Rechts zu einer für die Angeklagte günstigeren Bewertung der Tat führt". Ausdrücklich wurde in der Zurückweisung des Urteils begründet, dass in der Sache einer neuen Verhandlung und Entscheidung bedürfe.

Für Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, ist dies noch lange kein Grund zur Freude. Denn die Reform des Paragrafen 219a habe nicht zu mehr Informations- und Rechtssicherheit für Ärzt*innen geführt. Schauws plädierte erneut für eine Streichung dieser Strafrechtsnorm. Auch der stellvertretende FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende Stephan Thomae wiederholte seine frühere Forderung, dass der Paragraf 219a „dringend ganz abgeschafft“ werden müsse.

Die Ärztin Kristina Hänel selbst schrieb auf Twitter: „Ich wurde nicht freigesprochen! Das Urteil wurde aufgehoben und zurück verwiesen.“ Für die Allgemeinmedizinerin sei dies kein Schritt nach vorne, sondern zwei Schritte zurück. Die Entscheidung zeige für sie, dass in Hinsicht auf Paragraf 219a keine Klarheit bestehe.


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