ZWD-HERAUSGEBER HOLGER H. LÜHRIG : Zeit für Veränderungen: Was machbar ist

15. Februar 2017 // Ausgabe 346

Forsa-Chef Manfred Güllner hat der SPD und ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz vorausgesagt, sie werde die Wechselstimmung im Lande und den Höhenflug in den Umfragewerten nur halten können, wenn sie ein „überzeugendes Programm“ liefere. Tatsächlich fehlt es nicht am Programm, sondern an der Vermittlung dessen, was die Partei in der Großen Koalition geleistet – d.h. gegen die Unionsparteien durchgesetzt – hat.

Bild: zwd
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Denn die SPD hat über ihre Möglichkeiten als kleinerer Koalitionspartner hinaus alle Handlungsoptionen genutzt und ausgeschöpft, um mit sozialdemokratischer Handschrift das voranzutreiben, was inhaltlich möglich war. Zu besichtigen ist das Ergebnis exemplarisch an der Frauen- und Familienpolitik, die die sozialdemokratische Bundesministerin Manuela Schwesig mit Beharrlichkeit und kämpferischem Engagement vorangebracht hat. Wir berichten darüber in dieser Ausgabe.

Die Quote wirkt: Zwar sind mit der gesetzlichen Regelung noch nicht alle Blütenträume gereift, aber ein Anfang gesetzt (vgl. Seite 8). Darauf lässt sich in der nächsten Legislaturperiode aufbauen.

Der Unterhaltsvorschuss wird verbessert: Eine gute Nachricht für viele Alleinerziehende, dass die Anspruchsregelung bis zu 18. Lebensjahr verlängert wird (vgl. Seite 6).

Entgeltgleichheit: Das Transparenzgesetz ist ein erster Schritt auf dem Wege zur Lohngleichheit und -gerechtigkeit (vgl. Seite 4)

Die parlamentarische und die außerparlamentarische Opposition bewerten die Regierungspolitik als unzureichend und verbesserungsbedürftig. Manche begründeten Kritikpunkte müssen aber im Lichte der realen Machtverhältnisse im Bundestag und Bundesrat beurteilt werden. Am Beispiel des Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen lässt sich das verdeutlichen.

Bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode des Bundestages hatte die SPD-Bundestagsfraktion, damals als Oppositionspartei, einen Gesetzentwurf zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer im Bundestag eingebracht (Drs. 17/9781). Dass diese Gesetzesinitiative im Zuge der Koalitionsbildung zwischen CDU/CSU und SPD nicht eins zu eins in den Koalitionsvertrag von 2013 übernommen werden würde, war angesichts der heftigen Widerstände, insbesondere aus der Wirtschaft und der CDU-Wirtschafts- und Mittelstandsvereinigung, nicht überraschend.

Das Ergebnis – das Transparenzgesetz – ist keine „Gaukelei“, sondern ein erster Durchbruch in Richtung auf mehr Lohngerechtigkeit. Mit moderaten Vorschlägen haben die Ausschüsse der Sozial- und Frauenminister*innen der Länder im Bundesrat versucht, Verbesserungen des Gesetzentwurfs anzustoßen. Sicherlich, um die Verabschiedung im Bundestag nicht zu komplizieren und gar am Widerstand der Union scheitern zu lassen, hat das Bundesrats-Plenum die Einwände nicht übernommen. Ob sie im Bundestag eine Chance haben, bleibt zweifelhaft, denn es gilt die Devise: Besser dieses als gar kein Gesetz: Daher gilt auch für die Durchsetzung der Entgeltgleichheit:
Wiedervorlage im nächsten Bundestag.

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