THEMEN: KULTURKAMPF IN DEUTSCHLAND: UNION VOR ZERREISSPROBE | WAHLRECHTSREFORM | § 218-REFORM - NEUER ANLAUF IM BUNDESTAG : zwd-POLITIKMAGAZIN 407 zum Download

2. August 2025 // Redaktion

Das aktuelle zwd--POLITIKMAGAZIN, Ausgabe 407, steht im Zeichen des von der Unionsführung zu verantwortenden Debakels um die Wahl von neuen Bundesverfassungsrichter:innen. CDU und CSU haben sich durch rechte Nachrichtenplattformen und Kulturkämpfende aus dem AfD-Spektrum treiben lassen und ihre Zustimmung zu der vom Richterwahlausschuss dem Bundestag vorgelegten Beschlussvorlage zurückgezogen. Mit gravierenden Konsequenzen für das öffentliches Ansehen der Christen-Union und im Hinblick auf deren Verlässlichkeit als Koalitionspartnerin, aber auch, wieweit sie einer Hetz- und Netzkampagne nachgibt.


Titel-Cover zwd-POLITIKMAGAZIN 407. Im Bild Prof.in Brosius-Gersdorf (Stream BTG, Anhörung im Rwchtsausschuss 10.02.2025)
Titel-Cover zwd-POLITIKMAGAZIN 407. Im Bild Prof.in Brosius-Gersdorf (Stream BTG, Anhörung im Rwchtsausschuss 10.02.2025)

Titelthema: Die gescheiterte Verfassungsrichter-Wahl
Spahn: Wirklich nur Unprofessionalität oder verdeckte Absicht?

Nicht nur die Weltlage ist in diesen Tagen unübersichtlich geworden, sondern auch die deutsche Innenpolitik. Am 18. Juli hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in der Bundespressekonferenz wenig Gelegenheit gefunden, die Erfolge seiner Regierungsarbeit nach 70 Tagen zu präsentieren. Das Desaster nach der Absage der Wahlen neuer Richter:innen für das Bundesverfassungsgericht überlagerte die positive Bilanz des Regierungschefs. Vermasselt hat diese Bilanz der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn. Er hat der Wahl der von der SPD vorgeschlagenen Staatsrechtlerin Prof.in Dr.in Frauke Brosius-Gersdorf erst zugestimmt und sie dann mit Hinweis auf Widerstände aus seiner Fraktion kurzfristig absetzen lassen.

In Berlin stellt sich inzwischen nach Bekanntwerden vieler Details über die von rechten Netzwerken angezettelte Schmutzkampagne, verknüpft mit vielen Falschbehauptungen und Verleumdungen, die Frage, ob der erfahrene Politikprofi Spahn wirklich nur unprofessionell agiert hat, also „nicht genug in die Fraktion hinein gehört hat“ (wie es Merz ausdrückte). Oder hat er sich als erklärter Gegner jeglicher Liberalisierung des Abtreibungsrechts absichtsvoll zur Speerspitze oder zum Werkzeug rechter Netzwerke gemacht, um die von langer Hand vorbereitete Kampagne gegen die mit Zweidrittelmehrheit (mit Stimmen der CDU/CSU-Abgeordneten) beschlossene Vorlage des Richterwahlausschusses des Bundestages (zur Wahl u.a. von Brosius-Gersdorf) gegen die Wand fahren zu lassen? Die Gesellschaft Chancengleichheit hat in einer Erklärung das Notwendige zu den Vorgängen gesagt (Seiten 10-11). Zum Stand der Debatte Seiten 8-9.


Die Reform des § 218 – Entkriminalisierung – bleibt weiter auf der Agenda des Bundestages
Die Debatte um die Reform des Schwangerschaftsabbruchs, durch die FDP kurz vor der Bundestagwahl mit ihrer angeblich liberalen Haltung ausgebremst, hat die Koalitionäre von Schwarz-Rot nun schneller erreicht als wohl von ihnen erwartet. Es war zunächst die Beschlussfassung des Deutschen Ärztetages, die uns veranlasst hat, die bisherigen parlamentarischen Abläufe zur Entkriminalisierung des Abtreibungsrechts im 20. Bundestag mit Blick auf die Aufgaben des 21. Bundestages nachzubearbeiten. Dazu gehört auch die Sachverständigenanhörung vom 10. Februar dieses Jahres im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zu dem von 328 Abgeordneten unterstützten Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs (Drs. 20/13775). Das Hearing ist vor dem Hintergrund der Richterwahl-Affäre noch einmal ins Rampenlicht gerückt. Die verfassungsrechtliche Bewertung des Gesetzentwurfs durch die Sachverständige Prof.in Dr.in Frauke Brosius-Gersdorf (Bild) gibt Aufschluss über die verfassungsrechtliche Expertise der Staatsrechtlerin, die über jeden Zweifel erhaben ist. (Seiten 12-18).

Die Wahlrechtsreform, 2. Teil: Jetzt geht es um die Zukunft der Direktmandate
Erneut wird sich der Bundestag mit der Wahlrechtsreform beschäftigen. Es geht vor allem um die Bedeutung der Direktmandate. Die bisher eingeführte Regelung, wonach der Einzug in den Bundestag über ein Direktmandat an eine sogenannte Zweitstimmendeckung gebunden ist, hat das Bundesverfassungsgericht rechtlich bestätigt. Doch dem Wahlvolk fällt es schwer nachzuvollziehen, dass gewählte Direktkandidat:innen nicht automatisch einen Parlamentssitz erhalten. Eine Möglichkeit wäre, dass nur direkt in den Bundestag gewählt wird, wer – eventuell in einer Stichwahl zwischen den erst- und zweitplatzierten Wahlkreisbewerber:innen – mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt. Eine andere Lösung schlägt Prof. Dr. Robert Vehrkamp (Bild) in einem Gastbeitrag in dieser Ausgabe vor. Vehrkamp hat als Experte bereits der Wahlrechtskommission des 20. Bundestages angehört. Sein Plädoyer „Mehr Wahlkreis wagen“ auf den Seiten 6 und 7 und im zwd-Portal.


Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Hohenzollern-Erbe
Über zwei Legislaturperioden hinweg haben sich die Staatsministerinnen für Kultur und Medien Monika Grütters (CDU) sowie danach Claudia Roth (Grüne) und die Abgeordneten der Bundestagskulturausschüsse mit der Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auseinandergesetzt. Roth hat schließlich auf den letzten Metern der abgelaufenen Legislaturperiode noch eine Lösung für das Flaggschiff der deutschen Kulturlandschaft auf den Weg gebracht. Der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (CDU) hat am 27. Mai der neuen SPK-Präsidentin, der Kunsthistorikerin Prof.in. Dr.in Marion Ackermann (Bild) bescheinigt, als „eine Expertin, eine Macherin und eine kluge Strategin“ werde sie die SPK „in eine gute Zukunft führen und auch international sichtbarer und konkurrenzfähiger machen“. (Seiten 20-25)


Weitere Beiträge:

  • Holger H. Lührig: 70 Tage Schwarz-Rot – zu früh für eine Bilanz, aber schon ein veritables Personalproblem (Seite 4)
  • Dr. Ernst Dieter Rossmann: Trumpismus contra Wissenschaft und Forschung – und was jetzt dagegen gefragt ist (Seite 5)
  • Dr. Barbara Stiegler: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit | Nicht eine neue Kommission, sondern die zügige Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens sollte angesagt sein (Seite 19)
  • Hilda Lührig-Nockemann: Das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte in Marburg (mit Interviews) (Seite 26)
  • Gesellschaft Chancengleichheit: Erklärung zur geplatzten Richter:innen-Wahl – Bundestag muss Hetzjagd gegen angesehene Staatsrechtlerin Prof.in Dr.in Frauke Brosius-Gersdorf beenden (Seite 10-11)

Hier die Ausgabe 407 zum Download.

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