Während der Corona-Pandemie sollen Männer mehr im Haushalt geholfen haben, doch davon bleibt nach Untersuchung des WSI heute nicht viel übrig. Unter dem Titel „Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung“ veröffentlichte die Böckler-Stiftung ihren Policy-Brief für September 2024. Daraus geht hervor, dass auch erwerbstätige Frauen weiterhin das Gros im Haushalt stemmen: Der tatsächliche Unterschied unbezahlter Arbeit liegt demnach bei gut 8 Stunden. Lediglich bei der Garten- und Handwerksarbeit haben Männer einen Vorsprung von 20 Minuten pro Woche gegenüber Frauen. Im Übrigen aber liege die größte Last bei den Frauen. Das betreffe die Instandhaltung von Haus und Wohnung und Wäsche waschen, wofür Frauen drei Stunden mehr aufwenden, dabei allein für Kochen und Haushalt beinahe 2,5 Stunden. Der Aufwand für das Einkaufen beträgt eine Stunde. Im Falle von Kinderbetreuung vergrößert sich dieser Gender Care Gap laut WSI erheblich, da viele Frauen ihre Lohnarbeit zurückfahren und sich stärker der Erziehung widmen als ihre männlichen Partner. Bei 6- bis 18-Jährigen betrage der Gesamtunterschied durchschnittlich 11 Stunden; bei kleinen Kindern unter 6 Jahre sind es ganze 15.
Frauen außen vor gelassen
Unbezahlte Arbeit biete, anders als Lohnarbeit, neben dem fehlenden Gehalt auch keine soziale Absicherung, warnt die wissenschaftliche Direktorin des WSI Dr. Bettina Kohlrausch: „Wer mehr Erwerbsarbeit von Frauen fordert, wie Arbeitgeber es regelmäßig tun, erwartet, dass sie bereit sind, noch höhere Belastungen in Kauf zu nehmen, wenn Männer nicht einen deutlich höheren Anteil der unbezahlten Arbeit übernehmen.“
Bleiben die in Vollzeit Arbeitenden unberücksichtigt, so sei der Unterschied am deutlichsten: Männer arbeiten laut WSI im Schnitt nur eine halbe Stunde länger in Teilzeit als Frauen, diese arbeiteten dafür aber wöchentlich 10 unbezahlte Stunden mehr als Männer. Auch in der Pflege zeige sich ein ähnliches Bild: Über ein Drittel der Frauen sind mindestens 10 Stunden die Woche durch Pflegeaufgaben gebunden, bei Männern sind es nur 28 Prozent.
Die Befunde der Hans-Böckler-Stiftung zeigen: Der Wille zur Veränderung ist da. Ein Viertel der Frauen gebe an, zu wenig Zeit für ihren Beruf zu haben, ein Viertel der Männer verbringe zu viel Zeit damit. Studienleiterin Dr. Yvonne Lott hält deshalb eine Verlängerung der Partnerzeit beim Elterngeld und die Einführung einer Familienarbeitszeit als sinnvoll. In Anbetracht des großen Pflegeaufwands sei besonders eine Reform der (Familien-)Pflegezeit wichtig, welche Lohnersatzleistungen für Pflegezeiten bieten sollte. Nach Lotts Worten spricht viel für die Einführung einer 4-Tages-Woche, um sowohl Frauen als auch Männer zu entlasten und eine gerechtere Verteilung der unbezahlten Arbeit zu ermöglichen.